Gesellschaftlicher Wandel, Digitalisierung, Corona-Pandemie – die Welt des Lernens und des Arbeitens befindet sich derzeit in einem eindrücklichen Wandel. Auf dem Weiterbildungsmarkt und bei der betrieblichen Fortbildung tummeln sich nun Angebote, die so vielfältig sind wie noch nie zuvor. Dabei kann es einem bisweilen schon schwerfallen, die richtige Weiterbildung zu finden. Angesichts dieser Entwicklungen stellen sich die Fragen: Wohin bewegt sich das Angebot der Weiterbildungen? Wie sieht die Fortbildung von morgen aus?

Alles, was in der Gesellschaft an Veränderungen passiert, wirkt sich mittelbar und / oder unmittelbar auf die (Weiter-)Bildungslandschaft aus. Gerade in Bezug auf die Fortbildung sind die folgenden neuen Entwicklungen von besonderer Bedeutung:

Digitalisierung

Immer mehr Bereiche unseres beruflichen wie auch privaten Alltags lassen sich digital verwalten oder laufen automatisiert über digitale Kanäle ab. Dies stellt erhöhte Anforderungen an die Kompetenzen, die wir im Umgang mit den entsprechenden Technologien brauchen. Dementsprechend ist der Bedarf an Weiterbildung in diesem Bereich in der letzten Zeit stark gestiegen.

Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung zusätzlich in einem vorher nie gekannten Masse beschleunigt. Das hat sich auch sehr stark auf den (Weiter-)Bildungssektor ausgewirkt. Online-Lernformen gehören heute genauso zu unserem digitalisierten Alltag wie Homeoffice-Arbeit, E-Banking oder Online-Shopping.

Veränderungen in der Berufswelt

Die Digitalisierung, oder allgemein der technologische Fortschritt, macht manche Berufe und Aufgaben überflüssig, während neue entstehen. Viele Tasks, die bis dahin Mitarbeitende im Unternehmen erledigt haben, können inzwischen die IT übernehmen. Dahingegen brauchen die Beschäftigten mehr Kompetenzen, um die IT im Betrieb zu handhaben.

Auch die künstliche Intelligenz (KI) übernimmt zunehmend Aufgaben, welche vorher Arbeitskräfte übernommen haben – von Robotern, die handwerkliche Tätigkeiten verrichten bis zur Erstellung ausgeklügelter Contents in Journalismus und Marketing. Doch etwas ganz Wichtiges kann die KI nicht ersetzen: menschliche Soft Skills. Das bedeutet, dass gerade diese persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen an Bedeutung gewonnen haben, etwa Kommunikationsfähigkeit, Teamwork, Kreativität, Flexibilität, Empathie oder Führungsfähigkeit.

Mit der Globalisierung sind zudem Sprachkenntnisse noch wichtiger geworden, da sich vermehrt Teams über die Landes- und teils Kontinentgrenzen hinweg austauschen. Die veränderte Situation am Arbeitsplatz führt also zu einer stark erhöhten Nachfrage nach betriebsinterner Fortbildung im Rahmen des sogenannten Upskilling (Kompetenzerweiterung) oder des Reskilling (Umschulung).

Flexibilisierung und Individualisierung des Lernens

Die zunehmende Bedeutung der Skills in der Arbeitswelt ist auch bei den Nachfragenden nach Weiterbildungsangeboten angekommen. Bis vor Kurzem war noch entscheidend, welches Zertifikat man am Schluss einer Fortbildung bekam – nun verlieren die Abschlüsse an Bedeutung und die Skills rücken in den Vordergrund. Es ist anzunehmen, dass dies zu einer Nachfrage nach einem zunehmend breiten Fortbildungsangebot führt.

Besonders beliebt sind Lerninhalte oder ganze Bildungsgänge, deren Inhalte sich zeitlich und / oder räumlich flexibel konsumieren lassen. Spätestens seit den Corona-Lockdowns sind sich Lernende gewohnt, den Ort und bisweilen auch den Zeitpunkt des Lernens selbst zu bestimmen. Was den konkreten Lernstoff betrifft, suchen sich Weiterbildungs-Interessierte zunehmend das aus, was ihren persönlichen Bedürfnissen am besten entspricht. Und was für die Inhalte zutrifft, trifft auch auf die Form der Weiterbildung zu.

Starke Ausdifferenzierung der Weiterbildungsformen

Die verschiedensten Bildungsanbieter – Hochschulen, private Bildungsinstitutionen und betriebliche Personalentwicklung – reagieren auf diese Veränderungen und Trends. Und sie werden künftig noch verstärkt reagieren müssen, wollen sie erfolgreich sein im immer stärker umkämpften Wettbewerb rund um die Weiterbildung. Gleichzeitig ist aber auch eine Öffnung und eine breitere Streuung zu beobachten, was Lerninhalte betrifft.

So stellen zunehmend mehr Hochschulen – national und international – ihre Forschungsergebnisse als Open-Source-Quellen zur allgemeinen Verfügung. Firmen machen auf sich aufmerksam, indem sie lehrreiche Inhalte auf ihre Websites stellen. Dies hat zu einer Ausdifferenzierung der Weiterbildungs- respektive allgemein der Lernformen mit beigetragen. Welche Formen des Lernens gibt es nun aber, und wie bedeutsam werden sie in Zukunft sein?

Online-Lernen

Dieser Begriff bezeichnet eine Vielzahl von Lernangeboten und -formen, die digital und nicht vor Ort stattfinden. Das können so verschiedene Angebote sein wie interaktive Webinare, von Privatpersonen erstellte Erklärvideos zu Sachthemen oder Podcasts. Solche Lernmöglichkeiten haben sich fest etabliert und sie werden auch künftig ihren hohen Stellenwert beibehalten.

Hybrides Lernen

Damit ist Lernen gemeint, welches vor Ort stattfindet, bei dem aber auch die Möglichkeit besteht, sich von woanders aus online zuzuschalten. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie sind einige Weiterbildungsanbieter auf dieses System umgeschwenkt. Vielerorts wurden dann erst die technischen Möglichkeiten für hybriden Unterricht geschaffen. Diese Möglichkeiten werden die Anbieter wohl künftig beibehalten – wie oft sie sie dann auch nutzen werden, bleibt offen.

Blended Learning

Hierbei handelt es sich um eine Mischform aus Online- und Offline-Lernen. Einige Weiterbildungsinstitutionen haben es inzwischen fest in ihren Bildungsprogrammen verankert: Manche Lehrveranstaltungen finden vor Ort statt, andere online. Gemäss einer Studie der Universität St. Gallen nimmt diese Lernform an Bedeutung zu. Wobei eine Tendenz zu verkürzten Präsenzzeiten, zu mehr Online-Inhalten und zu einer stärkeren Ausrichtung der Lerninhalte auf den Praxistransfer zu beobachten ist.

Virtual-Reality-Trainings

Diese Form des Lernens hat gerade als Online-Learning-Instrument in der letzten Zeit an Bedeutung gewonnen. Besonderer Beliebtheit erfreut sie sich bei Firmen, deren Mitarbeitende sich Hard Skills aneignen und Simulationstrainings für die gefragten Tätigkeiten besuchen sollen – von Pilotinnen im Flugsimulator bis zu Chirurgen beim Ausführen komplexer Operationen. Es ist anzunehmen, dass diese Lernform noch an Bedeutung gewinnt mit der fortbestehenden Tendenz zum ortsunabhängigen Lernen und Arbeiten.

Micro Learning

In der heutigen schnelllebigen Zeit sind wir uns gewohnt, Multitasking zu betreiben und rasch von Aufgabe zu Aufgabe zu switchen. Dementsprechend besteht auch das Bedürfnis nach Lerninhalten, die man mit wenig Zeitaufwand sozusagen zwischendurch konsumieren kann. Dies kann beispielsweise ein kurzer Fachartikel sein, den man auf dem Weg zur Arbeit liest, oder ein kurzes Video, das man sich in der Mittagspause ansieht. Auch Infografiken, E-Books, Online-Lexikonartikel, Blogs, Whitepapers oder Experten-Chats gehören in die Kategorie des Micro Learning. Diese Lernform ist und bleibt beliebt, besonders bei Personen, die sich ausserhalb von offiziellen Bildungsgängen persönlich fortbilden.

Mobile Learning

Lernen findet zunehmend unterwegs respektive ausserhalb des Arbeitsplatzes oder des heimischen PCs statt, unter Nutzung von Smartphones, Laptops und Tablets. Auch hier sind die Lerninhalte, die sich dafür eignen, vielfältig – sie sollten aber so aufbereitet werden, dass sie auch auf dem kleinen Display eines Mobiltelefons gut sichtbar sind. Gerade bei der jungen Generation ist mobiles, zeit- und ortsunabhängiges Lernen etwas Wichtiges. Daher ist anzunehmen, dass die Bedeutung dieser Lernform künftig noch zunehmen wird.

Fazit: Auf den Mix kommt es an

In der Zwischenzeit ist für viele Personen, die sich weiterbilden, die Corona-Pandemie kein grosses Thema mehr. Dementsprechend finden wieder zunehmend mehr Präsenzveranstaltungen bei verschiedenen Weiterbildungsanbietern statt. Und dennoch besteht bei denjenigen, die sich fortbilden, die Erwartung, dass die neu geschaffenen orts- und zeitunabhängigen Angebote bestehen bleiben. Die oben genannte Studie der Universität St. Gallen macht folgende Trends aus: weg von Präsenztrainings ohne Online-Komponenten; mehr flexible und praxisorientierte Lernangebote; mehr hybride Lehrarrangements; Weiterbildung als Teil der personalisierten Kompetenzentwicklung.

Wohin genau die Entwicklung geht, was die Bedeutung der einzelnen Lernformen betrifft, lässt sich zwar anhand der Trends abschätzen, aber nicht abschliessend voraussagen. Schlussendlich werden diejenigen Weiterbildungsanbieter am erfolgreichsten sein, die die Trends zuerst aufgreifen und den richtigen Mix von Lernformen anbieten. Davon werden die Nachfragenden von Weiterbildungen profitieren.