Das Fernstudium ist die neuste Art, ein Studium in der Schweiz zu absolvieren. Online-Plattformen ermöglichen grösstenteils orts- und zeitunabhängiges Studieren. Dadurch sollen Job, Familie und Studium vereinbart werden können. Doch wie ist ein Fernstudium aufgebaut und warum ist dieses Studienmodell in der Schweiz eher unbekannt? Die Antworten darauf sowie zehn weitere findest du im nachfolgenden Text:

Wie ist das Fernstudium konkret aufgebaut?

Wie ein Fernstudium konkret aussehen kann, sieht man am Beispiel der Fernfachhochschule Schweiz FFHS: 80 Prozent des Studiums bestehen aus begleitetem Selbststudium und 20 Prozent finden im Präsenzunterricht statt. Während des Selbststudiums werden gemäss vorgegebenem Lehrplan Etappenziele erarbeitet. Via Online-Plattformen tauschen sich die Studierenden miteinander und mit ihren Dozenten aus. Onlinestudium: E-Learning-Technologien wie Online-Tests und Fragen-Foren helfen, den Schulstoff selbständig zu verstehen. Jede zweite Woche trifft man sich an einem Tag mit der Klasse zum obligatorischen Präsenzunterricht in einem Regionalzentrum der Fernfachhochschule. Der Unterricht in den Klassen wird zur Vertiefung und Anwendung des selbständig erworbenen Wissens genutzt.

Wer sind die Anbieter von Fernstudien?

Fernstudiengänge werden in der Schweiz an Fachhochschulen (FH) neben der FFHS auch von der Kalaidos Fachhochschule und der FernUni angeboten. Das Departement School of Management and Law der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften bietet ein Flex Studienmodell für den Bachelor in Betriebsökonomie an, welches dem Aufbau von Studiengängen der Fernhochschulen ähnelt. Studiert werden können Studienrichtungen wie Betriebswirtschaft, Wirtschaftsrecht, Wirtschaftspsychologie, Kommunikationsmanagement, Logistikmanagement, usw.

Weitere Anbieter könnten in den nächsten Jahren aufkommen. Auf Anfrage erklärt das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) allerdings, dass die Hürden für die Einrichtung einer neuen Hochschule, die vom Bund als beitragsberechtigt anerkannt werden soll, in der Schweiz relativ hoch seien. Denn ausser der institutionellen Akkreditierung werde vorausgesetzt, dass die Hochschule eine öffentliche Bildungsdienstleistung anbietet und vor allem eine sinnvolle Ergänzung, Erweiterung oder Alternative zu bestehenden Einrichtungen darstelle.

Anbieter von Fernstudien und Fernstudiengängen in der Schweiz. Quellen: FernUni, Kalaidos, FFHS, ZHAW

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Was kostet ein Fernstudium?

Die Kosten für ein Fernstudium unterscheiden sich je nach Studiengang und Hochschule. Die Preise variieren, da manche Bachelor und konsekutive Master vom Bund mitfinanziert werden, Studiengänge wie ein MAS, CAS oder MBA jedoch selbst getragen werden müssen. Eine Auswahl an Studiengängen und ihre jeweiligen Kosten findest du in der unten stehenden Grafik. Genaue Vergleiche der Kosten sind nicht möglich, da die Totalkosten je nach Schule und Studiengang verschiedene Leistungen beinhalten. So sind in manchen Studiengebühren bereits die Kosten der Lehrmittel miteingeschlossen.

Hier erfährst du mehr zur Finanzierung deines Studiums.

Welche Voraussetzungen braucht man? Und ist der Abschluss anerkannt?

Die FFHS und die Kalaidos Fachhochschule sind vom Bund anerkannte öffentlich-rechtliche Fachhochschulen (FH). Sämtliche ihrer Studiengänge oder Weiterbildungen führen zu einem eidgenössisch anerkannten Hochschulabschluss: z.B. Bachelor, Master oder MBA. Die FernUni Schweiz ist die einzige vom Bund anerkannte Institution für universitäre Fernstudien. Ihre Studiengänge sind nach Bologna-Richtlinien aufgebaut und ihre Bachelor- und Master-Abschlüsse sind somit, wie selbige Abschlüsse der FFHS und Kalaidos, international anerkannt.

Die Voraussetzungen für ein Studium oder eine Weiterbildung an einer Fernhochschule  unterscheiden sich je nach Studiengang und Fernhochschule, sind aber ähnlich wie bei herkömmlichen Hochschulen. Um beispielsweise an der FFHS Betriebsökonomie studieren zu können, muss man entweder die Berufs-, Fach- oder gymnasiale Maturität inklusive ein Jahr Berufspraxis vorweisen. Auch mit einem Diplom einer höheren Fachschule kann man zum Studium zugelassen werden. Personen, die älter als 25 Jahre sind und über eine mehrjährige, qualifizierte Berufserfahrung verfügen, oder Interessierte, die einen Abschluss auf tertiärer Stufe haben, können mittels Aufnahmeprüfung zum Studium zugelassen werden.

Wie lang dauert das Fernstudium?

Alle Studiengänge als Bachelor der oben erwähnten Fernhochschulen werden im Teilzeitmodell absolviert und dauern zwischen acht und neun Semestern, die Masterstudiengänge vier. Für Absolventen von höheren Fachschulen mit der entsprechenden Fachrichtung bietet die FFHS die Möglichkeit, den Abschluss in einer verkürzten Dauer zu erlangen. Auch an der FernUni und der Kalaidos sind verkürzte Studiendauer unter bestimmten Bedingungen möglich.

Das Fernstudium bietet einem die Möglichkeit, grösstenteils orts- und zeitunabhängig zu studieren.

Wie wird das Fernstudium kontrolliert?

Eine Kontrolle, ob Studierende wirklich alles selber macht und beim E-Learning ohne Hilfe von Drittpersonen handelt, gibt es nicht. Laut Olivia Tschanz, Studienberaterin an der FFHS, geht man davon aus, dass der Studierende selber eine hohe Motivation mitbringt, um das Studium erfolgreich zu absolvieren und deshalb die Aufgaben selber löst. «Es gibt teilweise Aufgaben, die online abgegeben werden müssen und wo geschaut wird, ob alle Studierende die Aufgaben abgegeben haben. Die Lernplattformen geben hierbei mit vorgegebenen Aufgaben und Kurztests eine gewisse Verbindlichkeit», erklärt sie. Und: «An Modulprüfungen werden die Ausweise der Geprüften wie an gängigen Hochschulen kontrolliert.»

Für wen eignet sich ein Fernstudium?

Am meisten werden die Fernhochschulen von Leistungssportlern und Berufstätigen genutzt, da diese Flexibilität schätzen. Aber auch Familienväter und -mütter profitieren vom Angebot des Fernstudiums. Ebenso Menschen, die in Randregionen leben, da sich für sie das Pendeln so aufs Minimum beschränkt.

Laut Hannes Tscherrig, Projektleiter Kommunikation an der FFHS, muss man aber eine gewisse Charakterausprägung haben, um ein Fernstudium zu absolvieren. Denn: «An einer gewöhnlichen Hochschule hat man viele externe Faktoren, wie beispielsweise Mitstudenten, die einen motivieren.» Anders sähe es an einer Fernhochschule aus: «Hier muss man sich nach einem stressigen Arbeitsalltag am Abend dazu motivieren können, noch etwas fürs Studium zu tun.»

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Sehen sich das erste Mal an der Abschlussfeier? Die Mitstudierenden trifft man bei einem Fernstudium eher selten.

Warum man vielleicht noch nie etwas vom Fernstudium gehört hat?

Obwohl Fernhochschulen gleich anerkannt sind wie die herkömmlichen Hochschulen und sie sich auch von den Voraussetzungen her kaum unterscheiden, ist diese Variante des Studiums in der Schweiz eher unbekannt. Doch wieso ist das so? Laut Hannes Tscherrig leben wir trotz Digitalisierung in einer analogen Welt: «Eine Schule, die in der Nähe des Bahnhofs steht und in die jeden Tag viele Studenten strömen, wird im analogen Alltag viel stärker wahrgenommen als eine Schule, die hauptsächlich online existiert.»

Wo sehen die Absolventen den Vorteil eines Fernstudiums?

Für Profisnowboarderin Patrizia Kummer war das Fernstudium der «Foifer und s Weggli». So konnte sie den Sport und die Ausbildung vereinen. Orven Wiesendanger, der an der FFHS im 8. Semester den Bachelorstudiengang in Betriebsökonomie absolviert, erzählt, ein Fernstudium habe viele Vorteile. Ihm sagen vor allem zwei Aspekte am Fernstudium zu: Die Flexibilität und die Möglichkeit, unabhängig zu sein. «Ich kann studieren, egal wo ich bin», zeigt er sich begeistert. Der Key Account Manager eines Pharma-Unternehmens empfindet den Austausch mit seinen Mitstudierenden und den Dozierenden zu den Präsenzzeiten jedoch trotzdem als sehr wertvoll.

Studieren bequem von zu Hause aus: Fernstudien machen es möglich.

Wobei erleben die Absolventen Herausforderungen eines Fernstudiums?

«Dieses Studienmodell ist die einzige Möglichkeit, 100 Prozent zu arbeiten und gleichzeitig ein Studium zu absolvieren», erklärt Wiesendanger. Diese Art des Studierens sei aber sehr fordernd und man müsse eine gute Balance zwischen Familie, Arbeit und Studium finden, um nicht in Stresssituationen zu geraten oder die sozialen Kontakte zu vernachlässigen. Olivia Tschanz, Studienberaterin der FFHS, bestätigt, dass es eine leicht höhere Abbruchquote bei Fernstudiengängen gibt. Weil: «Viele Studierende unterschätzen die Dreifachbelastung von Beruf, Familie und Studium.»

Worin unterscheiden sich ausländische Fernstudien von schweizerischen?

Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Fernhochschulen, wie zum Beispiel Wilhelm Büchner Hochschule, die IUBH, die SRH Fernhochschule und AKAD University Deutschland. Der grösste Unterschied zwischen den Fernhochschulen der Schweiz und ausländischen ist an der deutschen IUBH sichtbar. Bei der IUBH kann man dank der Digitalisierung ganz ohne Präsenzphasen studieren und auch die Prüfungen können online an 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden am Tag, von überall und ohne Voranmeldung mit einer Live-Aufsicht absolviert werden.

Was bringt die Zukunft für Fernhochschulen?

Wie die Zukunft der Fernhochschulen aussieht, ist noch ungewiss. Der Fernstudent Orven Wiesendanger ist der Ansicht, dass die Nachfrage nach dem Fernstudium im Moment rasant wächst und von Jahr zu Jahr mehr Leute auf das Angebot aufmerksam werden. «Teilzeitstudien an normalen Hochschulen und Fernstudien werden sich in einigen Jahren wohl ausbalancieren», mutmasst er. Hannes Tscherrig von der FFHS ist der Meinung, dass es wahrscheinlich weiter in die Diversifikation gehe. «Auch private Onlineplattformen widmen sich heutzutage vermehrt der Bildungsthematik.»

Der Bund will keine Prognosen über die Zukunft der Fernstudiengänge abgeben. Raphael Karpf vom SBFI erklärt aber: «Forschung wird auch künftig vor allem im «Präsenz-Modus» stattfinden.» Und es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Lehre an den Hochschulen komplett in den digitalen Bereich verlagert. «Auf den menschlichen Austausch in der Lehre wird kaum je ganz verzichtet werden können.»

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Fotos: unsplash