Wer kennt sie nicht, die Oxford University – eine der renommiertesten Universitäten weltweit. Ich hatte das Privileg, für vier Monate Teil dieser britischen Hochschule zu sein und konnte so viele ihrer Eigenheiten kennenlernen.
Vielleicht denkst du nun, dass ich nur vier Monate dort war, weil ich unterqualifiziert war und so mein Studium abbrechen musste? Falsch gedacht! Zugegebenermassen wird es mit meinen durchschnittlichen Abschlussnoten wohl nie so weit kommen, dass ich überhaupt einen der begehrten Studienplätze an der Oxford University ergattern könnte. Aber das ist ein anderes Thema. Ich hatte die Möglichkeit, mich nach meiner abgeschlossenen Lehre als Fachfrau Information und Dokumentation (Ausbildungsstätten sind Archive, Bibliotheken, Dokumentationsstellen) für ein Auslandspraktikum zu bewerben. Hierbei hatte ich das Glück, dass ich von einer Bibliothek der Oxford University ausgewählt wurde.
Die etwas andere Universität
Hast du schon mal etwas über das Hochschulsystem von Oxford oder Cambridge gehört? Die beiden Eliteuniversitäten (übrigens die ältesten Universitäten der englischsprachigen Welt) funktionieren sehr ähnlich und gleichzeitig ziemlich anders als alle anderen Universitäten weltweit. Das beginnt damit, dass man in Oxbridge (Verschmelzung von Oxford und Cambridge) vergebens nach einem Campus oder einer Universitätsbibliothek sucht und hört damit auf, dass das Jahr nicht in Semester, sondern Trimester aufgeteilt ist, die je rund zwei Monate dauern.
Der Einfachheit halber werde ich ab jetzt nur noch auf Oxford eingehen – allerdings funktioniert Cambridge in den meisten Punkten identisch. Wie bereits angedeutet, existiert in Oxford nicht dieser eine Universitätscampus. Dies liegt daran, dass Oxford aus 38 Colleges und sechs Private Halls besteht. Die Private Halls unterscheiden sich zu den Colleges hauptsächlich darin, dass sie durchschnittlich kleiner sind und von einer christlichen Glaubensgemeinschaft gegründet wurden. Der Begriff Oxford University ist daher mehr ein Sinnbild als etwas, das zum Beispiel in Form eines Gebäudes besteht.
Was Oxford und Harry Potter gemeinsam haben
Bewirbst du dich an der Oxford University, kannst du selbst entscheiden, ob du dich bei einem bestimmten College bewerben oder eine offene Bewerbung schreiben willst. Im Falle der offenen Bewerbung wirst du einem College zugeteilt, das eher wenige Bewerbungen für den eigenen Kurs in dem Jahr hat. Das College wird dein zweites Zuhause sein: Es bietet dir einen Schlafplatz, eine Kantine, eine Bibliothek (die in vielen Colleges durchgehend geöffnet ist) und einen Gemeinschaftsraum. Sollte dich das gerade eine bisschen an Hogwarts von Harry Potter erinnern, liegst du da gar nicht so falsch: Einige Szenen für die Filme wurden nämlich in ein paar Colleges gedreht.
Neben den Colleges gibt es die Departments, in welchen die Professoren ihre Büros haben und Vorlesungen stattfinden. Ausserdem gibt es in den Departments oftmals auch eine fachspezifische Bibliothek. Die Studierenden eines Colleges gehören also verschiedenen Departments an, beziehungsweise findet man in einem Department Studenten verschiedener Colleges.
Die Oxford University und ihre Bibliotheken
Bei den Bibliotheken geht das ganze etwa gleich kompliziert weiter. Und zwar gibt es an der Oxford University eine Hauptbibliothek, die Bodleian Library. Diese ist für alle Studierenden zugänglich. Daneben gibt es rund 30 weitere Bodleian Libraries (zu welchen zum Beispiel die Department Bibliotheken dazugehören), welche ebenfalls für alle Studierenden der Oxford University geöffnet sind. Weiter hat jedes College eine eigene Bibliothek, welche Literatur in denjenigen Gebieten sammelt, die für die jeweiligen Studierenden relevant sind. Die College Libraries können üblicherweise nur von den dem College angehörenden Studierenden benutzt werden.
Zu guter Letzt gibt es dann noch einige weitere Bibliotheken, die nicht wirklich einer Kategorie zugeteilt werden können, aber ebenfalls der Oxford University angehören (wie zum Beispiel die Museumsbibliotheken). Diese Bibliotheken stehen teilweise wiederrum auf College Boden, sind aber für alle Studierenden der Oxford University geöffnet. Insgesamt kommen wir so auf rund 100 Bibliotheken, die der Oxford University angehören. Du siehst also: Das ganze Oxford University System ist ziemlich kompliziert und die meisten werden es vermutlich nie vollständig verstehen.
Während meinen vier Monaten in Oxford habe ich übrigens in zwei verschiedenen Bibliotheken gearbeitet: einerseits in der College Library vom St. Antonys College, andererseits in der Middle East Centre Library. Diese ist eine dieser Bibliotheken, die nicht wirklich einer Kategorie angehört, sich aber auf dem Boden des St. Antony’s College befindet.
Eine Stadt mit einer ganz besonderen Ausstrahlung
Zum Schluss möchte ich noch einige Worte an die Stadt Oxford selbst verlieren. Was man sofort spürt, ist, dass die Universität gefühlt die ganze Stadt einnimmt. Überall verteilt befinden sich die Colleges und wo kein College ist, findet man Museen, die der Universität angehören, Universitätsbibliotheken, die University Press oder den University Park. Und dazwischen die fast 24’000 Studierenden, die sich zusammen mit den unzähligen Touristen durch die Strassen drängen. Dadurch, dass die Universität bereits seit dem zwölften Jahrhundert existiert, steckt unheimlich viel Geschichte in ihr. Das sieht man beispielsweise schon alleine an den altehrwürdigen Gebäuden.
Solltest du deine nächsten Ferien also noch nicht geplant haben, ist jetzt die Zeit, dir für ein paar Tage eine Unterkunft in dieser einzigartigen Stadt zu buchen. Oxford befindet sich eine Stunde von London entfernt und London ist mit dem Zug von Zürich aus in rund acht Stunden zu erreichen. Das heisst, dieser Trip kann sogar einigermassen umweltfreundlich, beziehungsweise ohne Flugzeug, gestaltet werden.