Sorry! Nach dem Studium wird’s auch nicht viel besser.

Kolumne

Liebe Studenten, liebe Studentinnen

Wie geht’s euch so im Studium? Ist euch auch schon die Lust vergangen? Freut ihr euch schon aufs Fertigsein; auf den Moment, wenn ihr euer Abschlusszeugnis endlich in der Hand hält?
Ja, so ging’s mir auch mal. Und wie! Heute aber muss ich sagen: Ein klein wenig vermiss ich das Studenten-Dasein. Denn seid vorgewarnt! Auch nach dem Studium wird’s nicht wirklich besser werden…

Doch an einem fehlt es uns: An wirklicher Arbeitserfahrung. Und dafür müssen wir jetzt büssen.

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“ Wer kennt das Sprichwort nicht? Ich dachte ja immer, die Studienjahre seien diese Lehrjahre; dass nach dem mühsamen Ackern für den Abschluss schnell die Herrenjahre folgen würden. Doch ich wurde eines Besseren belehrt.
Denn besagter Abschluss liegt für mich mittlerweile fast ein Jahr zurück. Und glaubt mir, ich bin ziiiiiemlich weit von einem „Herrenjahr“ entfernt.
Denn bei den allermeisten Studiengängen sieht die Realität für die Studierenden nach dem Abschluss in etwa so aus: 1. Es gibt Hunderte, vielleicht sogar Tausende, mit der genau gleichen Ausbildung. 2. Alle suchen gleichzeitig ihren ersten Job. 3. Es gibt im Schnitt eine offene Vollzeitstelle pro 50 Studienabgänger.

Die nie enden wollende Geschichte: Nach dem Studium ist man noch nicht angekommen.

Wir haben nach unserem Studium zwar die Ausbildung und theoretisch auch Erfahrung – aber, sind wir mal ehrlich: eine Gruppenarbeit an der Uni kommt nicht ganz an den Berufsalltag heran. Doch an einem fehlt es uns: An wirklicher Arbeitserfahrung. Und dafür müssen wir jetzt büssen. Was also tun, wenn man nicht zu den wenigen Glücklichen gehört, die sofort einen Job finden? (Das soll dann übrigens auch noch nicht heissen, dass die Stelle dann sonderlich gut ist, geschweige denn perfekt zu einem passt…).
In den meisten Fällen lautet die Antwort auf diese Frage: Praktikum. Ich meine, es ist auch wirklich besser, man macht was mit seiner Zeit. Vielleicht ja sogar noch etwas, das fern mit dem abgeschlossenen Studium zu tun hat? Toll. Klingt zumindest besser als die Alternative: Arbeitslosigkeit. Und das ist es auch. (Man könnte sich jetzt darüber streiten, ob nicht alles besser ist als das, aber lassen wir’s!). Das gute alte Praktikum hält einen busy. In den meisten Fällen lernt man sogar was dazu. (Hoffentlich auch, verdient man doch in einem Monat in etwa so viel für eine 100 %-Stelle, wie man’s während des Studiums als Kellnerin an zwei Abenden die Woche tat.)

«Probieren (und vor allem Praktizieren) geht über Studieren.»

Soll heissen: Auch nach den Lehrjahren sind keine Herrenjahre angesagt. Denn die Lehrjahre bereiten uns nur bedingt auf einen späteren Beruf vor. Das machen – tadaaaaa – weitere Lehrjahre. In den meisten Fällen eben die lieben Praktika.
Und wann sind dann die Herrenjahre dran? Ja, da bin ich momentan auch ein wenig überfragt. Denn an welchem Punkt man genug Praktika hinter sich hat, um tatsächlich für eine der hochbegehrten Vollzeitstellen in Frage zu kommen, weiss niemand so richtig. Es gilt wahrscheinlich die gleiche Devise, die man direkt nach seinem langersehnten Studiumsabschluss lernt: Probieren (und vor allem Praktizieren) geht über Studieren.
Aber etwas Gutes hat das Ganze doch: Man hat während der Zeit zumindest die Chance, sich doch nochmal umzuorientieren. Also, probiert los, meine Lieben!