Wer sich während der Pandemie weiterbilden wollte, musste etwas können: sich anpassen. Denn die Schule wurde komplett digitalisiert und die Bildungsinteressierten bildeten sich via Fernunterricht weiter. Wie schwer der Bildungsmarkt von der Pandemie getroffen wurde, zeigen die neusten Zahlen des Bundesamtes für Statistik.
Seit dem Ausbruch der Pandemie wurden wir alle eingeschränkt. Auch diejenigen, die sich für eine Weiterbildung entschieden. Normalerweise würden sich die Bildungsinteressierten nach der Arbeit auf den Weg zum Klassenzimmer machen und die letzte Energie dem Unterricht der Fortbildung widmen. Nicht jedoch in Zeiten von Distance Learning, denn obwohl die Schulen ihre Fortbildungsangebote vollumfänglich digitalisierten und eigentlich die Zahl der Teilnehmenden stabil bleiben sollte, zeigt die neuste Studie des Bundesamtes für Statistik (BSF) das Gegenteil. Denn laut der Studie brach die Teilnahmequote zum Zeitpunkt des Präsenzverbots vom 16.03-06.06.2020 im Vergleich zum Schnitt der Vorjahre um fast die Hälfe ein. Nichtsdestotrotz konnte sich Ende 2020 die Weiterbildungsteilnahme wieder steigern, jedoch nicht auf das gleiche Niveau als in den Jahren davor.
Das Alter als stärkste Benachteiligung
Laut Bundesamt für Statistik mieden vor allem Personen ab dem 60. Lebensjahr eine Fortbildung während der Pandemie. Die Zahl der Bildungsinteressierten sank auf unter 15%, während im Vergleich die Zahl bei den 25- bis 29-Jährigen zwischen 33% und 27% lag. Gründe für diese Kluft könnte möglicherweise an der Zielgruppe und deren Alter liegen. Bei der Gruppe im fortgeschrittenen Alter handelt es sich um Risikogruppen, welche aufgefordert wurden, Zuhause zu bleiben und Versammlungen, wie beispielsweise Präsenzunterricht, zu meiden. Obwohl die Schule den Unterricht vollumfänglich digitalisiert hat, konnte sich diese Gruppe womöglich wenig an diese Übergangslösung gewöhnen. Die geringere digitale Affinität und das mangelnde Vertrauen mit digitalen Unterrichtsmedien könnten die fehlende Teilnahme an Online-Weiterbildungen begünstigen. Zusätzlich bestätig das Bundesamt für Statistik, dass diese Theorie stimmen könnte, denn laut Studie nutzen lediglich «nur» 79% der 60- bis 69-Jährigen und gerade die Hälfte aller ab 70-Jährigen regelmässig das Internet. Im Vergleich zu den 14- bis 49-Jährigen, welche zu 98% regelmässig das Internet nutzen und sich deshalb möglicherweise weniger vor dem digitalen Unterricht fürchten.
Weiterbildungsteilnahme schwankt zwischen Berufsgruppen
Die Zahlen der Weiterbildungsteilnahme zwischen 2019 und 2020 schwankt ebenfalls je nach ausgeübtem Beruf. Denn laut der Studie waren einige Berufsfelder stärker von der Pandemie betroffen als andere. Grund dafür könnte sein, dass Fernunterricht bei manchen gar nicht möglich ist. Dies trifft vor allem Berufsgruppen, welche von Praxisunterricht und Learning by Doing leben. Laut dem BFS waren die Gruppen Dienstleistungs- und Verkaufsberufe (-26%) als auch Handwerks- und verwandte Berufe (-24%) stärker betroffen. Andersrum verzeichneten alle die Akademischen Berufe (-14%), die Technischen Berufe (-16%) sowie der Bereich Information, Kommunikation und Kunst (-4%) am wenigsten Rückgange an Weiterbildungsteilnahmen. Grund für diese Entwicklung liegt bei den jeweiligen Branchen. Auf der einen Seite gehören manche Bildungsgruppen zu denjenigen, welche aufgrund der Krise schliessen mussten. Auf der anderen Seite sind, wie bereits erwähnt, nicht alle Branchen für den Fernunterricht geeignet. Laut einer SVEB-Umfrage in Bezug auf die Auswirkung der Pandemie auf die Weiterbildung gaben ein Viertel der befragten Anbieter an, dass sie das Weiterbildungsangebot im Jahr 2020 nicht wie geplant umsetzen konnten.
Auch bei den Weiterbildungen leiden Gastronomie und Gesundheit
Seit der Pandemie war und ist die Gastronomie- und Gesundheitsbranche der Prügelknabe. Nicht nur wurden diese Branchen von Entlassungen, finanziellen Problemen und Ressource-Mängeln getroffen, sondern ebenfalls von der Möglichkeit auf eine Weiterbildungsteilnahme. Im Vergleich zum Jahr 2019 verzeichnet das Bundesamt für Statistik einen Rückgang im Gesundheits- und Sozialwesen von -25% und bei der Gastronomie einen Einbruch von -26%.
Eine Besserung in Sicht?
Obwohl die Zahlen der Weiterbildungsteilnehmenden Anfangs 2020 sanken, regenerierte sich der Markt wieder. Grund dafür könnte sein, dass die Schulen eine gewisse Struktur für die Schüler/-innen bot. Zusätzlich stützen sich die Schulen heutzutage vermehrt auf Hybridunterricht und auch die Angst vor dem Fernunterricht wurde vielen genommen. René Weber, Direktor der Kalaidos Fachhochschule Schweiz, verkündet gegenüber 20-Minuten eine Verdoppelung der Nachfrage im Vergleich zum Jahr 2019. Unabhängig von den Zahlen lohnt sich eine Weiterbildung gerade jetzt. In Zeiten, die von Kurzarbeit und Entlassungen leben, kannst du dich nämlich richtig abheben auf dem Arbeitsmarkt. Denn eine Fortbildung signalisiert deinem jetzigen oder künftigen Arbeitgeber, dass du bereit bist, einen Schritt weiterzugehen und auch in ungewöhnlichen Zeiten Vollgas geben möchtest. Und wer weiss, möglicherweise findest du mehr Gefallen am Fernunterricht als dem gewöhnlichen Präsenzunterricht.
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