An alle Sticker-Sammler-und-nie-aufkleber, an alle Notizbuch-Horder-und-nie-reinschreiber und an alle anderen, auf die ähnliche Bezeichnungen in anderen Bereichen zutreffen: Wir müssen reden. Und mit wir, meine ich auch mich selbst, denn auch ich bin betroffen.
Immer ist alles «für später«
Wenn ich mir etwas Schönes kaufe, sei es eine etwas teurere Handcreme, ein Notizbuch, so wie oben erwähnt oder einen speziellen Tee, so will ich immer sparen. Nicht beim Geld, schliesslich zahle ich ja den normalen Preis für die Ware. Doch wenn sie dann bei mir zu Hause ist, im Badezimmerschränkli steht, in der Schublade liegt oder im Chuchichäschdli (Klischee-Wortnutzung beabsichtigt) versorgt ist, muss sie erstmal warten. Auf was genau, weiss ich eigentlich gar nicht so richtig. Doch es erscheint mir falsch, es gleich anzubrauchen, egal, was es ist.
Gedanken, welche zeigen, dass einem das neu Erstandene zwar am Herzen liegt, man es aber nicht über jenes Herz bringt, es zu benutzen. Meistens will man es für später. Für einen besonderen Moment. Doch wann genau ist später und wann soll dieser Moment bitteschön eingetroffen sein? Denn das weiss doch eigentlich keiner so wirklich und somit beginnen die Dinge zu verstauben und in Vergessenheit zu geraten. Nicht gerade der Zweck, für den wir damals Geld ausgegeben haben.
Deswegen: “Enjoy as long as you can”
Es stimmt, nichts hält ewig. Wir haben keinen unendlichen Vorrat an den Nasa Stickern, die wir einmal bei einem Event abgestaubt haben. Auch die 100 Gramm Tee sind einmal aufgebraucht und all die anderen Dinge, die wir aufsparen, bleiben ebenfalls nicht für immer erhalten. Doch was solls? Wir werden uns an neuem erfreuen können. Auch wenn du es dir im Moment nicht vorstellen kannst, aber irgendwann wird dir vielleicht die Serie Riverdale verleiden und dann hast du dir für nichts einen South Side Serpents Patch bestellt, den du dann doch niemals irgendwo aufgenäht hast.
Diesen Moment habe ich schon viel zu oft erlebt, sei es mit Ablaufdaten von Lebensmitteln oder dem Verleiden von irgendwas. Dies trifft tragischerweise manchmal auch auf Bücher zu, die mich im Moment des Kaufes zwar interessieren, ich dann aber zu lange noch für «später» beiseite lege. Doch das ist unglaublich schade. Deswegen habe ich angefangen, in neu gekaufte Bücher gleich meine Nase reinzustecken. Mein neuer Sticker aus Kopenhagen klebt schon auf meinem Computer und es gibt noch viele, viele andere Dinge, mit denen ich gleich verfahren muss.
Auf den besonderen Moment warten ist eine schöne Vorstellung, doch am besten ist es, uns gleich dann etwas zu gönnen, wenn wir das grösste Interesse daran haben. Dies ist meistens gleich nach dem Kauf oder nachdem wir etwas geschenkt bekommen. Bei mir hat es zwar etwas Überwindung gekostet, doch sehen wir uns das Ganze aus einer noch etwas grösseren Perspektive an: Das Leben ist auch nicht unendlich. Auf einen richtigen Moment zu warten bedeutet meist, etwas gar nie zu tun. Genau deswegen müssen wir einem Macher, Sticker-Aufkleber, geplante-Reisen-Durchzieher und teurer-Tee-Trinker werden.
Weil das Leben zu kurz ist und wir aus jedem Moment ganz einfach «den richtigen» machen können.
Dieser Beitrag ist als Erstpublikation auf tize erschienen.