Der Lockdown im März führte in der Berufsbildung zu neuen Erfahrungen mit Fernunterricht. Was sich daraus für die weitere Entwicklung von digitalen Unterrichtsformen erkennen lässt, zeigt ein neuer Bericht des Observatoriums am Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB auf.
Die Berufsbildung war vom Corona-Lockdown im Frühling dieses Jahres stark betroffen. Innert kürzester Zeit musste der weitestgehend in Präsenz stattfindende Unterricht mit digitalen Hilfsmitteln auf Fernunterricht umgestellt werden. Für die Lernenden und insbesondere für die Lehrpersonen stellte dies eine grosse Herausforderung dar. Lehrerinnen und Lehrer standen mit der abrupten Umstellung vor der Aufgabe, trotz des veränderten Unterrichtssettings qualitativ guten Unterricht sicherzustellen.
Ein neuer «Trend im Fokus»-Bericht des Schweizerischen Observatoriums für die Berufsbildung OBS EHB, zeigt nun auf, dass die technische Infrastruktur in der Regel kein Problem darstellte, wohl aber der Einsatz von Online-Tools in der konkreten Unterrichtssituation. Die Umstellung auf Fernunterricht führte zu einem erheblichen didaktischen und zeitlichen Mehraufwand.
Als problematisch erwiesen sich ausserdem die fehlenden persönlichen Kontakte und die Lernbegleitung. Dennoch empfinden viele Lehrpersonen ihre Erfahrungen als Chance. Sie möchten ihren Unterricht mit digitalen Hilfsmitteln weiterentwickeln und verbessern, auch für die Zeit nach der Pandemie. Damit einher geht der Wunsch, sich weiterzubilden. Ein Grossteil der Lehrpersonen möchte die eigenen Kenntnisse über digitale Technologien und deren Einsatz im Unterricht erweitern und digitale Unterrichtsformen auch kritisch reflektieren können.
Vielversprechende Zukunft
Die vollständige Umstellung auf Fernunterricht war eine Notlösung und dürfte auch in Zukunft nur in Ausnahmefällen vorkommen. Selbst die besten Technologien können den persönlichen Kontakt zwischen Lehrpersonen und Lernenden nicht ersetzen. Die Lernbegleitung und Lernstanderhebung sind im ausschliesslichen Fernunterricht deutlich erschwert, was sich gemäss Einschätzung der Lehrpersonen negativ auf die Kompetenzentwicklung der Lernenden auswirkt. Grosses Potenzial sehen Schulen und Lehrpersonen aber in so genannten Hybrid-Formaten, die Präsenz- mit Selbstlernphasen und digitalem Unterricht kombinieren. Die Erfahrung des Fernunterrichts schuf die Gelegenheit, innovative Ansätze und neue Unterrichtsformate zu entwickeln und anzuwenden und damit den bereits angestossenen digitalen Wandel in den berufsbildenden Schulen voranzutreiben. Vor diesem Hintergrund sind die Erfahrungen
aus dem Fernunterricht wertvoll, denn daraus können Chancen und Grenzen digitaler Unterrichtsmethoden für die Zukunft abgeleitet werden.
Mit Blick auf die Rahmenbedingungen für guten Unterricht hat sich gezeigt, dass der erfolgreiche Einsatz digitaler Unterrichtsmethoden weitere Investitionen in die Infrastruktur und die Kompetenzentwicklung der Lehrpersonen benötigt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Fernunterricht trotz der damit verbundenen Herausforderungen in vielerlei Hinsicht neue Entwicklungen angestossen hat. Eine Schule hat beispielsweise ein innovatives und langfristiges Projekt zum virtuellen Lernen ins Leben gerufen, um die Erkenntnisse aus dem Fernunterricht weiterzuentwickeln. Inwiefern die gemachten Erfahrungen nun breit genutzt und weitere längerfristige Projekte lanciert werden, wird sich in Zukunft zeigen. Zuversichtlich stimmt, dass eine Mehrheit der Lehrpersonen ihren Unterricht aufgrund der gemachten Erfahrungen anpassen möchte.
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