Wir haben Leichtgewichtsruderer Matthias Fernandez zu seinem Studium an der ETH, die grössten Hürden für Athlet*innen bezüglich dualer Karriere sowie Kompromissen zwischen Studium und Sport befragt.

Wie kamst du zu deinem Sport?

Aufgrund meines Übergewichts suchte ich nach einem Sport, den ich auch ausüben kann. Ein guter Freund von mir ruderte und nahm mich mit zum Training. Relativ schnell war ich Teil des Teams und trainierte jeden Tag. Irgendwann stellte ich dann fest, dass ich das Potential für mehr habe. Dann habe ich angefangen mir persönliche Ziele zu setzen.

Was gefällt dir am meisten an deinem Sport?

Mir gefällt gerade die Vielfältigkeit in der Monotonie. Von aussen betrachtet sieht es aus als würden wir einfach Schlag für Schlag über den See hin und her rudern. Jedoch steckt hinter jedem Schlag ein Streben nach Perfektion und jedes Training dient dazu die Abläufe zu verbessern um die Geschwindigkeit zu erhöhen, jedoch den Flow nicht zu stören.

Was ist das bisherige Highlight deiner Sportkarriere?

Das schönste Erlebnis war es, als ich an meiner ersten U23-WM im Leichtgewichts-Doppelvierer Weltmeister geworden bin. Wir waren vier Freunde die sich den Sieg als Ziel gesetzt hatten und arbeiteten zusammen darauf hin. Dieser ganze Prozess mit dem krönenden Abschluss war eine unvergessliche Zeit.

Hattest/Hast du einen Plan B neben der Sportkarriere?

Bevor ich mich voll aufs Rudern fokussiert habe, hatte ich mein Studium an der ETH Zürich im Bereich Materialwissenschaften begonnen und mir war es immer wichtig auch neben dem Rudern noch ein Plan B zu haben. Dies hat mir auch als Ausgleich geholfen und mit einer guten Organisation haben sich diese Zweige nicht nur ergänzt, sondern für mich war es auch sehr sinnvoll diese Ablenkung zu haben.

Du studierst an der ETH Zürich. Wie bist du bei deiner Entscheidung für das richtige Studium vorgegangen?

Die Entscheidung, was ich studieren möchte, habe ich schon im Gymnasium getroffen. Damals wusste ich noch nicht das ich jemals auf diesem Niveau den Rudersport betreiben würde und habe mich durch mein Interesse an der Naturwissenschaft und der Interdisziplinarität des Materialwissenschaftsstudiums leiten lassen.

Wie teilst du deine Zeit ein? Welche Kompromisse gehst du ein, um Sport und Studium unter einen Hut zu bringen?

Es ist schwierig diese Frage zu verallgemeinern. Einen akribischen Plan hatte ich nie. Das reduzierte Pensum erlaubte es mir während des Semesters nur das Nötigste zu machen. Da ich keine Möglichkeit hatte am Präsenzunterricht teilzunehmen und es keine Aufnahmen der Vorlesungen gab, war es für mich besser während des Semesters einfach einen Überblick zu verschaffen, um was es in diesem Fach geht, alle Unterlagen gut sortiert bereit zu halten und Meinungen zum Aufwand für die Prüfungen von Studierenden aus höheren Semestern einzuholen. Sobald das Semester dem Ende zuging, fing ich an ToDo-Listen für die einzelnen Fächer zu erstellen und step by step abzuarbeiten.

Das Wichtigste für mich war auch Vertrauen zu meinen Fähigkeiten zu haben und dass ich mit weniger Aufwand denselben Stoff wie meine Mitstudenten aufnehmen kann. Meine goldene Regel war immer, wenn du zu müde bist oder wirklich gar keine Lust hast, dann versuch nicht zu lernen, denn es bringt sowieso nicht.

Meistens habe ich pro Tag nur 2-4 Stunden gelernt. Mir half diese Einschränkung. So konnte ich mich in meiner Lernzeit zum Lernen motivieren und musste meine Effizienz steigern.

Die Abstrich-Liste, um beides unter einen Hut zu bringen, ist sehr lange. Nebst den Abstrichen, welche die Freizeit und das Sozialleben betreffen, war es mir immer bewusst, dass ich nicht der perfekte Student sein kann, wenn ich nebenbei noch andere grosse Ziele habe. Gleichzeitig aber auch nicht der Vorzeigesportler, wenn man im Prüfungsstress ist. Da bei mir der Sport an erster Stelle stand war es vor allem wichtig zu schauen, die Abstriche der Regenerationszeit durch das Lernen auf einem Minimum zu halten.

Was denkst du, ist die grösste Hürde für Athlet*tinnen in der Schweiz in Bezug auf die duale Karriere?

Die grösste Hürde ist definitiv der Sportler selbst. Als erstes muss man selbst diesen extra Aufwand betreiben wollen, denn von allein geschieht es nicht. Zudem braucht es vom Verband/Trainer die Möglichkeit Kompromisse einzugehen. In meiner gemachten Erfahrung war die ETH immer sehr verständnisvoll und hat alles dafür gemacht, um mir die duale Karriere zu ermöglichen.

Weiter möchte ich anmerken, dass es wichtig ist, die Spielregeln der Hochschule zu kennen. Wenn man frühzeitig einen gut begründeten und durchdachten Studienplan vorlegen kann, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass Gesuche zur Flexibilisierung einzelner Regeln angenommen werden. In meinem Fall konnte ich die Studienfrist um ein Jahr verlängern und zwei Prüfungsblöcke auf verschiedene Sessionen aufteilen.

Pflegst du den Austausch mit Athleten*innen aus anderen Sportarten, die studieren?

Nicht wirklich, da es schwer ist verschiedene Sportarten zu vergleichen. Schlussendlich muss jeder einen für sich individuellen Plan selbst erstellen. Es hilft jedoch einen Überblick über die Möglichkeiten zu haben.

Hast du Fragen an Matthias zu Sport und Studium?

Matthias stellt sich auf eduwo.ch sehr gerne für Fragen zur Verfügung. Du findest sein Profil hier:


Studium und Leistungssport

Swiss Olympic nutzt die grösste Plattform für den Erfahrungsaustausch zu Studium, Ausbildung, Weiterbildung und Karriere «eduwo», um Athlet*innen die Bildungs- und Karrieremöglichkeiten in der Schweiz aufzuzeigen.

Um den Austausch zwischen Athlet*innen zu ermöglichen und verbessern, hat Swiss Olympic das Mentoringprogramm lanciert. Rund 80 Mentor*innen, die bereits ein Studium abgeschlossen haben oder kurz davor sind, stehen zur Verfügung. Zu den Mentor*innen gehören Olympiasieger Nevin Galmarini, Leichathletin Ajla del Ponte oder Beachvolleyballerin Tanja Hüberli.