Foto: zvg

Thomas Egger, CVP-Nationalrat, spricht mit uns im Interview über den Umgang mit Kritik, die erwarteten Änderungen im Bildungssystem und erklärt uns, wieso er gerne mehr Fremdsprachen beherrschen würde.

Auf welchen Erfolg Ihrer bisherigen Karriere sind Sie besonders stolz?

Bezogen auf meine bisherigen zwei Jahre als Nationalrat bin ich vor allem stolz auf den beschlossenen Doppelspurausbau des Lötschbergbasistunnels. Dieser Entscheid ermöglicht einen durchgehenden Halbstundentakt zwischen dem Oberwallis und Bern. Zudem ist es gelungen, die Finanzierung der Planungsarbeiten für den Grimselbahntunnel sicherzustellen, der für das Goms sehr wichtig ist.

Weshalb haben Sie sich für ein politisches Amt entschieden?

Durch meine berufliche Tätigkeit als Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete SAB habe ich jahrelang die Bundespolitik zu Gunsten der Berggebiete mitgestaltet. Die Versuchung war deshalb gross, selber aktiv in die Bundespolitik einzusteigen. Als amtierender Nationalrat kann ich die Anliegen der Berggebiete und meines Heimatkantons noch viel direkter in die Politik hineintragen.

Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial für die Schweizer Bildungslandschaft?

Die Schweiz hat mit der dualen Bildung ein hervorragendes System, das auch international Beachtung findet. Eine grosse Herausforderung sehe ich in der Aufrechterhaltung der dezentralen Schulstrukturen in den kleinen Bergdörfern. Hier braucht es mehr Flexibilität für innovative Lösungen, beispielweise unter Nutzung der Potenziale der Digitalisierung.

Trifft die Politik genügend Massnahmen für das Schweizer Bildungssystem?

Ich sehe wie gesagt ein grosses Potenzial bei der Digitalisierung. Zusammen mit der CVP-Fraktion im Nationalrat habe ich deshalb ein Impulsprogramm für die Digitalisierung in der Bildung vorgeschlagen. Dieses soll dazu beitragen, die Fähigkeiten im Umgang mit den Möglichkeiten der Digitalisierung sowohl bei den Lehrpersonen als auch bei den Lernenden zu steigern und einen kantonsübergreifenden Erfahrungsaustausch aufzubauen.

Was raten Sie jungen Menschen, die eine politische Laufbahn anstreben?

Interessiert Euch für Politik! Macht Euch Eure eigene Meinung und sagt diese! Ich stelle im Kontakt mit jungen Menschen leider allzu oft fest, dass diese das Gefühl haben, Politik sei langweilig und man könne sowieso nichts ändern. Das ist völlig falsch! Die Politik entscheidet darüber, ob wir eines Tages eine AHV beziehen und wie hoch die Beiträge sind. Auch wird beispielsweise darüber bestimmt, ob es genügend Arbeitsplätze an den Universitäten gibt.

Wie gehen Sie als Politiker mit Kritik um?

Konstruktive Kritik ist sehr willkommen. Sie hilft dabei, sich auch immer wieder selber zu hinterfragen und zu verbessern. Leider gibt es aber sehr oft auch völlig unqualifizierte Kritik wie beispielsweise Hasskommentare in den Sozialen Medien, wo die Hemmschwelle deutlich gefallen ist. Die dabei vorhandene Stil- und Respektlosigkeit ist schockierend: Rein ideologisch gefärbte Zuschriften und Mails, die nicht einem Meinungsaustausch dienen, sondern nur auf die Verleumdung von Personen abzielen.

Was sind die aktuell grössten Herausforderungen, denen unsere Gesellschaft ausgesetzt ist?

Aus meiner Sicht ganz klar der demographische Wandel mit der Überalterung unserer Gesellschaft. Die ersten, die darunter leiden, sind die Bergdörfer. Dieser langfristige Wandel ist mit seinen Konsequenzen eigentlich allen bekannt, nur tut man sich schwer mit den Massnahmen. Beispielsweise müssen wir dringend die Finanzierung der Sozialwerke sicherstellen. Die Gemeinden sollten eine aktive Alterspolitik entwickeln, die weit mehr bietet als Pflegeplätze. Dazu gehört unter anderem eine erhöhte Ausbildung von Hausärzten und Pflegepersonal.

Lehre oder Studium?

Der Schweiz fehlt es an sehr vielen Fachkräften. Ich empfehle deshalb eine Lehre. Dank der dualen Bildung steht der Weg für ein späteres Studium immer noch offen.

Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial für die Schweizer Bildungslandschaft?

Die Schweiz hat mit der dualen Bildung ein hervorragendes System, das auch international Beachtung findet. Eine grosse Herausforderung sehe ich in der Aufrechterhaltung der dezentralen Schulstrukturen in den kleinen Bergdörfern. Hier braucht es mehr Flexibilität für innovative Lösungen, beispielweise unter Nutzung der Potenziale der Digitalisierung. 

Welche Veränderungen im Bildungssystem erwarten Sie in den nächsten Jahren?

Ich gehe davon aus, dass sich die Unterrichtsformen dank der Digitalisierung grundlegend ändern werden. Der Präsenzunterricht wird immer mehr verschwinden. Das ermöglicht auch neue Perspektiven, insbesondere für Berg- und Randregionen. Die Fernuni und Fernfachhochschule (FFHS) in Brig zeigen schon heute, wie es gehen könnte.

Welches Studium bzw. Weiterbildung würde Sie momentan interessieren?

Ich würde gerne noch mehr Fremdsprachen beherrschen. Deutsch, Französisch, Englisch sowie Italienisch und etwas Spanisch kann ich schon. Es ist mir wichtig, mit den Leuten in ihrer Muttersprache kommunizieren zu können, sei es beruflich oder privat auf Reisen.

Haben Sie ein (politisches) Vorbild?

Nein. Ich versuche, meinen eigenen Weg zu gehen.

Möchten Sie Studieninteressierten noch einen persönlichen Rat mitgeben?

Ich rate Jugendlichen, das zu lernen oder zu studieren, woran sie am meisten Freude haben. Dann werden sie nämlich später auch im Beruf Freude haben und dadurch auch erfolgreich sein. Ich habe Geographie und Politikwissenschaften studiert, weil mich diese beiden Themen am meisten interessieren. Damals im Studium wurde ich wegen dieser Kombination schräg angeschaut und wusste ja selber nicht, was eines Tages aus mir werden würde. Heute bearbeite ich räumliche Auswirkungen von politischen Fragestellungen.

Zur Person:

Neben seinem Amt als Nationalrat der CVP, ist Thomas Egger seit 2002 Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB). Der 52-jährige Walliser hat ursprünglich Geographie und Politikwissenschaften an der Universität Zürich studiert und wohnt in Visp.

Wir danken Thomas Egger für das Interview.