«Ich bin einfach nicht kreativ!»

Frustriert lässt meine Freundin ihren Stift fallen, legt ihre Hände an die Stirn und seufzt tief. «Das klappt nie, ich werde nie so gut sein wie die anderen!»
Ich seufze ebenfalls. Aber nicht aus Zustimmung, sondern weil ich es schade finde, wie schnell sie den Glauben an sich selbst und ihre Fähigkeiten verloren hat. Ich seufze, weil ich ihre Kunst und ihre kreative Ader bewundere und es als Verlust empfinde, wenn sie sich unter sich selbst stellt.

Die einen sind es etwas mehr, andere etwas weniger. Kreativ zu sein bedeutet meines Erachtens in vollem Masse der eigenen Fantasie zu vertrauen und aus dem Bauch heraus Dinge entstehen zu lassen. Während einige Menschen mehr auf ihren Verstand hören, lassen sich andere von ihrem tiefen Unterbewusstsein leiten und erschaffen dadurch die bemerkenswertesten Dinge. Doch durch die tägliche kreative Inspiration von Pinterest und Instagram setzen sich besonders junge Künstler stark unter Druck und hinterfragen ihre eigenen Stärken. Ich hab aus eigener Erfahrung und gleichermassen erlebten Situationen einige Punkte zusammengestellt, die für solche Tiefpunkte wichtig sind, sich in Erinnerung zu rufen.

1. (Fast) nichts ist wirklich neu

Picasso war ein Unikat. Michelangelo vermutlich auch. Aber die Chance, dass auch du ein Erschaffer einer komplett neuen Kunstform wirst, ist so gering, dass du auch gleich aufgeben kannst. Im Bereich der Kunst etwas komplett Neues zu erschaffen, ist zu schwierig, wie deinen eigenen Ellbogen abzulecken (die einen Verrückten können es, die meisten nicht). Also zerbrich dir nicht den Kopf, wenn du dir etwas von deinen Vorbildern abguckst. Kopieren ist das eine, neu umzusetzen das andere und genau darin liegt meiner Meinung nach eine grosse Menge an Kreativität.

2. Vergleich dich (nicht)

Ganz ehrlich: Es gibt nur einen Picasso und auch Da Vinci hat sich als einzigartiger Erschaffer zahlreicher Objekte seinen Platz im Geschichtsbuch mehr als verdient. Grundsätzlich spricht nur etwas dagegen, sich zu vergleichen: Obwohl du vielleicht nur halb so viel Erfahrung mit dir bringst und du noch einen langen, kreativen Weg vor dir hast, können dir Vergleiche mit erfahrenen Künstlern wertvolle Tipps und Tricks geben. Vergleich dich also. Oder eben auch nicht.

3. Es muss nicht perfekt sein

Picassos Bilder sind weltberühmt. Mona Lisas Lächeln wird jährlich von hunderttausend Besuchern abgelichtet. Doch auch der bekannteste Künstler hat bestimmt mehrere Male eine Skizze kopfschüttelnd zur Seite gelegt und dann einfach noch mal begonnen. Es muss nicht perfekt sein. Skizzen sind die Wiedergabe wirrer Gedanken – eine Leinwand das fertige Werk, das trotz allem erneut begonnen werden kann. Zunächst frustrierend, aber vollkommen in Ordnung.

4. Täglich kreative Dosis

Ich hab mir vor einiger Zeit angewöhnt, jeden Tag etwas Kreatives zu machen. Sei es Fotografieren, Schreiben, Dichten, Fotos bearbeiten, Malen, Basteln, Musik machen oder einfach bloss etwas kritzeln. Solche kleinen Aktivitäten können deine Kreativität enorm puschen und somit vielleicht sogar auf das nächste Level bringen.

Kreativität kann gelernt sein. Während die einen das Glück hatten, als Naturtalent gesegnet zu werden, müssen sich die andern etwas mehr anstrengen und ihre Kreativität trainieren. An die eigene Kreativität zu glauben, müssen jedoch beide lernen. Das macht schlussendlich dein kreatives Endprodukt auch aus.

Dieser Beitrag ist als Erstpublikation auf tize.ch erschienen.