Eine HR Expertin verrät Dir, was beim Bewerben wirklich zählt

Katerina Moutzouris arbeitet seit 5 Jahren in der Abteilung Human Resources bei EBP Schweiz AG, einem Planungs- und Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Zollikon. Bevor sie ihre jetzige Stelle antrat, arbeitete Katerina zuvor schon 3 Jahre im HR-Bereich. Das 4-köpfige HR-Team ist unter anderem für über 1’700 Bewerber pro Jahr die erste Anlaufstelle. Heute verrät sie uns ihre top Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung. Sie spricht mit uns über Job-Fit und erklärt, wie man auch als noch berufsunerfahrene/r Studienabgänger/in eine gute Stelle bekommen kann.

„Es mag selbstverständlich erscheinen, aber unser erstes Kriterium bei einer Bewerbung ist immer: Sind die Unterlagen vollständig?“  Denn nur mit vollständigen Unterlagen kann die gründliche Prüfung der Unterlagen gewährleistet werden, das ist also bereits der erste Stolperstein. Heutzutage wird durch die sogenannten Bewerber/innen-Buttons auf Jobportalen eine vollständige Bewerbung jedoch fast garantiert, erklärt Katerina. Das System sendet eine Bewerbung ab, wenn alle Uploads des Bewerbungsschreibens, wie Lebenslauf, Ausbildungs-Zertifikaten etc. getätigt wurden. Bei einer Bewerbung via Mail, also ohne online Formular, lohnt es sich jedoch, die Vollständigkeit vor dem Absenden nochmals zu überprüfen. „Man sollte auch unbedingt kontrollieren, ob man sich überhaupt für die richtige Stelle bewirbt! Da kann einem bei mehreren Ausschreibungen schnell mal ein Fehler unterlaufen.“

Ob es ein grosses Problem sei, wenn gewisse Unterlagen fehlen? „Theoretisch, nein,“ meint Katerina,falls es aber längere Verzögerungen geben sollte, läuft man dadurch Gefahr, nicht mehr für die Stelle berücksichtigt zu werden.“ Generell gälte, dass man sich relativ zügig auf eine aufgeschaltete Stelle bewerben sollte. In den meisten Firmen werden Bewerbungen laufend bearbeitet. „Während wir bei einigen Bewerbenden noch den Unterlagen nachjagen, haben wir andere bereits fürs Interview eingeladen.“ Verallgemeinern könne man dies jedoch nicht und behaupten, der schnellste Bewerber bekäme auch eher den Job offeriert.

Spontanbewerbungen – eine gute Idee?

Zum Thema Spontanbewerbungen meint Katerina: „Ich würde jedem empfehlen, sich spontan zu bewerben.“ Sie betont jedoch auch, dass es oft nicht auf Anhieb klappt und man sich eventuell bei zahlreichen Firmen melden müsste. Manche Bewerber/innen würden ausserdem eine zu passive Meinung vertreten. Viele meinen, dass es nach einer Spontanbewerbung nun die Verantwortung des Arbeitsgebers/Der Arbeitgeberin wäre, sich bei ihnen zu melden sobald eine passende Position frei wird. Doch bei pendent behaltenen Anfragen können sich zusätzlich Probleme mit dem Datenschutzgesetz ergeben. Deshalb müssten Firmen bei Spontanbewerbungen, welche nicht gleich auf Resonanz träten, die Unterlagen standardmässig vernichten. „Es geht aber nicht nur darum, in der Lotterie des richtigen Zeitpunkts zu gewinnen. Im Gegenteil: Oftmals können sich im Gespräch mit dem Spontanbewerber neue Möglichkeiten für den Ausbau von Firmenkompetenzen ergeben und es können sogar vollkommen neue Stellen geschaffen werden. Hat man also ein fundiertes Interesse an einer Firma und eine klare Vorstellung davon, welche persönlichen Fähigkeiten man miteinbringen könnte, ist eine Spontanbewerbung absolut lohnenswert.“

Transparenz im Interview-Prozess

„Nachdem der erste Schwall von Bewerbungen sortiert worden ist, werden erfolgreiche Bewerber/innen für ein erstes Kennenlern-Interview eingeladen. Wenn auf beiden Seiten ein «Fit» festgestellt wird, dann fahren wir mit einem zweiten Interview fort.“ Falls die Firma jedoch noch unsicher sei und noch mit weiteren Bewerbenden ein Gespräch geführt wird, so würden die Kandidat/innen diesbezüglich informiert werden. „Man darf nicht vergessen, dass ein guter Kandidat oftmals mehrere Optionen hat. Wir melden uns also zeitgerecht, weil wir sonst gute potenzielle Arbeitskräfte verlieren könnten.“

Dabei sei es auch für Bewerber wichtig, während des ganzen Bewerbungsprozesses transparent zu sein – sowohl beim Offenlegen der Beteiligung an anderen Bewerbungsprozessen, dem ehrlichen Erklären von Lebenslauflücken, sowie auch im Umgang mit den Interviewenden. „Bei vielversprechenden Bewerbern organisieren wir ein zweites Interview, bei dem weitere Details zur Anstellung und der gegenseitige Abgleich von Wünschen und Vorstellungen Thema ist.

Job-Fit: Passt der Job auch zu mir?

Hier betont Katerina einen Punkt, der im Bewerbungsstress oft vergessen geht: „Die Frage ist schlussendlich nicht nur passe ich zu dieser Stelle, sondern auch passt diese Stelle, das Arbeitsklima und das Team auch zu mir?“ Bewirbt man sich für Stellen, so Katerina, bei denen man grundsätzlich nicht ins Profil passt oder sonst mit den Arbeitsbedingungen nicht wirklich zufrieden ist, sei die Chance gross, dass die Interviewer dies bereits im Bewerbungsprozess erkennen und somit andere Bewerber für die Stelle bevorzugen. „Idealerweise bewirbt man sich nur für Stellen, bei denen man nach einer Recherche über das Anforderungsprofil und die Firma selbst, einen guten «Fit» erkennt. Noch besser ist es, wenn man in der ausgeschriebenen Position auch ein Wachstumspotenzial, bezüglich persönlichen und beruflichen Fähigkeiten und Kenntnissen, erkennen kann.“ Schummelt man sich im Interview irgendwie durch, ohne dass Person und Stelle wirklich zueinander passen, hat man im schlimmsten Fall das böse Erwachen dann spätestens am Arbeitsplatz, warnt Katerina.

Bewerben mit wenig beruflichen Erfahrung

Doch gelten diese Tipps auch für Studienabgänger mit wenigen oder gar keinen vorzeigbaren Berufserfahrungen? Katerina sagt dazu folgendes: „Besonders unter Studienabgängern herrscht oftmals eine Angst, nach Studienabschluss aufgrund der fehlenden Arbeitserfahrung keinen Job zu bekommen. Viele denken «Ich muss perfekt auf die Stellenausschreibung passen damit ich eine Chance habe.» Dabei ist es absolut normal, wenn bei einem Anforderungsprofil nur 80% auch wirklich erfüllen kann. Dies gilt auch bei berufserfahrenen Bewerbern.“ Zudem betont Katerina, wie wichtig es sei die Ausschreibung genau zu lesen. Da gäbe es wichtige Unterschiede in der Formulierung von Anforderungen, welche auf eine berufseinsteigende Funktion in der Firma hindeuten, auch wenn die Stelle als ‚Junior Position“ ausgeschrieben ist. Im Jobprofil stünde dann beispielsweise «erste Erfahrungen oder Kenntnisse» anstatt «langjährige Erfahrungen.» „Wichtig ist auch hier wieder, dass man im Bewerbungsschreiben und auch beim Interview die eigene Unerfahrenheit nicht versucht zu vertuschen. Besser ist es, ehrlich zuzugeben, wo man Lernpotenzial hat und dass man Lernbereitschaft aufweist. So hat man trotz wenig Arbeitserfahrung gute Aussichten auf eine tolle und herausfordernde Stelle.“

Zuletzt betont Katerina noch einmal: „Der Bewerbungsprozess ist nicht nur für uns als Unternehmen da, um neue, kompetente Mitarbeitende in die Firma hereinzubringen. Er ist ebenso bedeutend für die Bewerbenden, um herauszufinden, ob eine Stelle und auch im grösseren Kontext eine Firma wirklich zu einem passt. Offenheit auf Seite des Arbeitgebers wie auch auf Seiten des Bewerbers erleichtert den Ablauf und erlaubt beiden Parteien, ein gemeinsames Vorwärtsschreiten.  Menschen kommen und finden sich in einem Rekrutierungsprozess zusammen. Ziel ist es, einen professionellen, menschlichen Kontakt auf Augenhöhe schaffen zu können damit der Bewerbungsprozess allen Parteien Spass macht.“

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