Studierende fühlen sich laut Statistiken am häufigsten einsam. Spectrum hat mit ihnen darüber gesprochen.
«Es ist schon komisch. Ich habe mich getraut, allein meine Heimat, meine Familie, meine Freunde zu verlassen und in ein anderes Land auf der anderen Seite der Welt zu gehen, wo ich niemanden kenne. Aber allein in ein Pub zu gehen, dazu fehlt mir der Mut.» – Alberto, 27, von Mexico City nach Galway, Irland, wo er seit drei Jahren in einem Hostel arbeitet.
«Da, wo ich herkomme, in Afghanistan, ist die Familie sehr wichtig. Jeden Tag kocht man zusammen, dann setzt man sich hin und isst zusammen, und danach trinkt man noch Tee oder Kaffee; das alles dauert oft mehr als zwei Stunden. Und mit Familie meine ich nicht bloss Vater, Mutter, Kind, wie hier in der Schweiz, nein, bei uns heisst Familie: Alle Verwandten – das sind oft fünfzehn, zwanzig Leute. Die wohnen alle zusammen, nicht einer hier, die andere dort. In Afghanistan ist man nie einsam. Ich vermisse es.» – Younes, 26, vor vier Jahren aus Afghanistan geflohen, lebt und arbeitet nun in Freiburg
«Bei uns in Spanien, auf dem Land, wenn du da durch ein Dorf fährst, dann sitzen die Alten, die Männer mit ihren Frauen, vor ihrem Haus und schauen sich an, was auf der Strasse so passiert. Meist nichts, trotzdem sitzen sie den ganzen Tag draussen, und falls doch mal einer vorbeikommt, grüssen sie ihn oder halten ein Schwätzchen. Oder die alten Männer versammeln sich vor ihrer Stammkneipe, um Karten zu spielen oder zu reden, über irgendwas halt, ein Wort ergibt das andere, und natürlich um zu rauchen und ein paar eisgekühlte Cervezas zu trinken. Hier in der Schweiz bleiben die alten Leute in ihren Häusern, jeder für sich. Es gibt keinen öffentlichen Ort, an den sie gehen könnten.» – Alba, 22, studiert Jura und macht ein Erasmus-Semester in Freiburg
«Wenn ich mich einsam fühle, schreibe ich auf WhatsApp solange Leute an, bis irgendeiner antwortet.» – Robert, 23, studiert Jura in Freiburg
«Ja, allein bin ich schon oft. Und das ist nicht immer angenehm. Aber wirklich einsam muss ich mich zum Glück nicht fühlen, ich weiss ja, dass Gott an meiner Seite ist.» – Hippolyte, 26, studiert Theologie und Philosophie
«Ich habe schon mehrere Phasen erlebt, in denen ich auf mich alleingestellt war und mich sehr einsam gefühlt habe. (…) Meine Erfahrung ist: Wenn die Leute grade selbst Probleme haben, können sie sich noch halbwegs auf jemanden einlassen, dem es auch grade nicht so gut geht. Sobald sie sich dann aber besser fühlen, wollen sie nichts mehr damit zu tun haben.» – Anonym
Dieser Beitrag ist als Erstpublikation auf spectrum erschienen.