Wer kennt es nicht: Es sind nur wenige Stunden bis zu deiner Prüfung oder wichtigen Abgabe und du versuchst, fieberhaft alles noch rechtzeitig zu erledigen. Dabei verfluchst du dich innerlich für all die Zeit, die du mit ziellosem Surfen und Scrollen auf Tumblr, Facebook, Pinterest und YouTube verschwendet hast (die TV-Serien erwähne man erst gar nicht).
Verzage nicht, du bist nicht alleine: Prokrastination ist zu einer Gesellschaftskrankheit geworden. Besonders bei Studierenden sind die Zahlen alarmierend hoch: gemäss der amerikanischen psychologischen Assoziation (APA) prokrastinieren zwischen 80 und 95 Prozent der Hochschulbesucher. Egal ob du im Studium, in der Ausbildung oder im ersten Job bist, hier erklären wir dir, wie du dem Aufschieben ein Ende setzen kannst.
Schritt 1: Mache eine Liste aller Aufgaben
Als allererstes ist es wichtig, alle Arbeiten und Anforderungen, die in deinem Gehirn herumschwirren und um deine Aufmerksamkeit kämpfen, mal niederzuschreiben. Ja, auch dass du deiner Oma schon lange anrufen solltest. Das menschliche Gehirn kann nur wenige (maximal sieben anhand dem Psychologen Miller) Informationsstücke im Kurzzeitgedächtnis behalten. Die Angst, etwas zu vergessen, drängt uns dazu, sofort etwas zu erledigen, obwohl es eigentlich nicht so wichtig ist. Sobald all die Anforderungen jedoch durchs Festhalten in einer Liste dem Vergessenheitsrisiko entzogen sind, entlastet dies dein Gehirn und du kannst dir wieder einen Überblick verschaffen.
Schritt 2: Klassifiziere alle Aufgaben anhand der Eisenhower Matrix
Die Eisenhower Matrix, benannt nach ihrem Erfinder, dem amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower, erlaubt dir nun Prioritäten zu setzen. Dabei stufst du alle Aufgaben anhand ihrer Dringlichkeit und Wichtigkeit ein. Dringlichkeit bedeutet in diesem Kontext, wie schnell die Arbeit erledigt werden muss und Wichtigkeit, wie sehr die Aufgabe zum Erreichen deiner Ziele beiträgt. In Matrizenform dargestellt – mit Wichtigkeit und Dringlichkeit auf je einer Achse – können vier Kategorien unterschieden werden (siehe Bild).
Wichtige und dringliche Aufgaben, wie beispielsweise Lernen auf eine baldige Prüfung, Vorbereiten einer wichtigen Präsentation, oder Bezahlen einer Rechnung mit Verwarnungen, müssen sofort erledigt werden. Wenn du den ganzen Tag noch nicht gegessen hast, gehört das Auffinden einer angemessenen Mahlzeit auch dazu. Wichtige aber nicht dringliche Aufgaben bearbeitest du direkt danach. Wenn diese nämlich aufgeschoben werden, verwandeln sie sich mit der Zeit in Krisen, die umgehend bewältigt werden müssen.
Zeitvertreib in den anderen zwei Kategorien ist der eigentliche Ursprung der Prokrastination. Unwichtige aber dringliche Arbeiten sind beispielsweise einkaufen gehen, wenn der Kühlschrank leer ist, die dreckige Wohnung putzen, aber auch anderen helfen, anstatt den Fokus auf die eigene Arbeit zu legen. Besonders wenn es bei dir zeitlich knapp wird, musst du solche Störungen soweit wie möglich vermeiden, delegieren (zum Beispiel kann dein WG-Gspänli gleich für dich miteinkaufen), oder verschieben (du hilfst dem Kollegen ein anderes Mal). Zur letzten Kategorie gehören verschiedenste Ablenkungen, besonders aber das ununterbrochene Überprüfen auf neue Facebook Posts, Whatsapp Nachrichten und Emails. Wenn deine Aufmerksamkeit alle paar Minuten der Arbeit entzogen wird, wirst du schlicht und einfach nicht vorwärts kommen.
Schritt 3: Teile deine Arbeitslast auf
Eine der häufigsten Gründe für die Prokrastination ist das Gefühl von Ohnmacht bei einer langwierigen, scheinbar unüberwindbaren Aufgabe, wie beispielsweise dem Schreiben einer Bachelorarbeit. Du kannst es dir um einiges einfacher machen, wenn du solche Aufgaben in kleine, erreichbare Ziele gliederst, am besten gleich mit grosszügigen Angaben dazu, wie lange du dafür brauchen wirst.
Schritt 4: Finde deine Blockaden
Du hast Schritte 1-3 gemacht, doch du lässt dich (fast gerne) immer wieder ablenken? Holst dir schon den fünften Kaffee der Stunde? Dann ist es nun Zeit, deine inneren Blockaden anzugehen. Stelle folgende Fragen an dich selbst:
- Warum will ich diese Arbeit nicht machen? (Anstrengung, Angst vor dem Versagen, Angst vor Fehlern, lieber anderes tun)
- Was für Besorgnisse verspüre ich, wenn ich an die Arbeit denke? (Angst vor schlechten Noten/Bewertung, Gefühl von Überforderung, Angst vor Kritik)
- Was nützt es mir, die Arbeit nicht zu machen? (interessanteren Dingen nachgehen, Sozialleben, kein Versagensrisiko)
- Was verliere ich, wenn ich mich dieser Arbeit nicht widme? Was gewinne ich, wenn ich dieser Arbeit nachgehe? (gute Ausbildung, chancenreiche Zukunft)
- Was würde mich motivieren, diese Arbeit zu erledigen? (sehr individuell)
Schritt 5: Benutze die Pomodoro Technik
Jetzt wo du’s gschafft hast, die Arbeit anzufangen, musst du unbedingt aufpassen, dass deine Motivation und Energie nicht ausbrennen. Eine der Hauptgründe dafür ist eine Verbissenheit, keine Pause einzulegen, bis bestimmte Ziele erreicht wurden. Nur wirst du nach langer, ununterbrochener Arbeit von Minute zu Minute müder und frustrierter und die Arbeit geht schlussendlich doppelt so lange wie du geplant hattest. Wie kannst du dies verhindern? Benutze die Pomodoro Technik, erfunden von Francesco Cyrillo, der sie nach seinem Tomaten-Aufzieh-Küchentimer benannt hat. Die Kernaussage der Technik ist es, alle 25 Minuten eine 5 minütige Pause einzulegen, egal ob der Arbeitsschritt vollendet ist oder nicht. Nach vier Durchläufen ist sogar eine 15-30 minütige Pause empfohlen. Du belohnst dich mit dieser Methode also für die Arbeitszeit, nicht für die erreichten Ziele. Probier’s aus und entdecke, wie viel entspannter und produktiver du dadurch arbeiten kannst!
Jetzt geht’s los!
Mit diesen fünf Schritten bist du bestens für den Kampf gegen den „inneren Schweinehund“ ausgerüstet. Beginne mit deiner Aufgabenliste, die du laufend ergänzen kannst, wenn dir neue Dinge einfallen, die du noch erledigen musst. Besonders nützlich für deine Zeiteinteilung ist es, wenn du solch neue Tasks auch gleich auf ihre Wichtigkeit und Dringlichkeit einstufst. Damit grosse Arbeiten nicht überwältigend werden, zerteilst du sie in kleinere Arbeitsschritte. Wenn du weiterhin inneren Wiederstand verspürst, stelle dir ein paar ehrliche Fragen, bevor du versuchst, dich mit purer Willenskraft irgendwie durchzuringen Dies betrifft dann auch das eigentliche Arbeiten, wobei du unbedingt geplante Pausen einlegen musst, auch wenn du denkst, es seien nur verschwendete Minuten. Falls du längerfristig merkst, dass du gar keine Motivation oder Freude an einer Ausbildung, einem Studium, oder einem Arbeitsplatz mehr verspürst, ist es dann vielleicht auch mal an der Zeit, dich neu zu orientieren. Nun aber, tu dir erst mal einen Gefallen: Stell dein Handy/Internet für die nächste Stunde ab! JETZT!