Das Selbststudium, mit dessen mangelnder Struktur und fehlenden sozialen Kontakten ist für Studierende aktuell ein wahrgewordener Albtraum. Vielleicht verspürst auch du Überforderung, Motivationsverlust, Konzentrationsprobleme oder gleich alle drei zusammen. Doch verzage nicht! Es gibt konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um die nächsten Monate zu überstehen und wieder Freude am Lernen zu empfinden.

Bereits vor der momentanen gesellschaftlichen Lage wurde ich persönlich immer wieder mit dem Selbststudium konfrontiert. Als Jugendliche beendete ich, nach unerwarteter Schliessung meiner Schule, meinen Gymnasialabschluss hauptsächlich durch Selbststudium. Auch ein paar Jahre später, als ich aufgrund meines ungewöhnlichen Abschlusses die umfassende ETH Aufnahmeprüfung absolvieren musste, stand ich vor einem riesigen Berg Prüfungsstoff. Diesen musste ich mir selbst zusammensuchen, zeitlich einteilen und natürlich auch aneignen. Ich experimentiere also schon seit einigen Jahren mit verschiedenen Strategien, wie man das Selbststudium effizienter, erfolgreicher und hoffentlich auch interessanter gestalten kann. Einer meiner ersten Selbstmotivationsversuche bestand darin, einen Keks neben dem Lehrbuch zu platzieren und mir das Naschen erst zu erlauben, nachdem ich das Kapitel fertig gelesen oder die Übungen erfolgreich gelöst hatte.  Natürlich scheiterte ich, aufgrund mangelnder Selbstdisziplin, kläglich und hatte bereits nach einer Stunde die ganze Kekspackung verputzt. 😉

Glücklicherweise habe ich aber auch andere Strategien entdeckt, welche das Selbststudium erheblich erleichtern können. Hier also meine persönlichen Empfehlungen:


Gebe dir selbst eine Arbeitsstruktur

Konkret bedeutet dies in deinem Terminkalender Zeitblöcke für das Selbststudium zu reservieren, am besten mit wiederholenden Erinnerungen und mit Einteilung in einzelne Fächer oder Vorlesungen. Falls digitaler Unterricht stattfindet, bestimmt dieser natürlich die Rahmenbedingungen des Terminkalenders. Da das Pendeln sowie das Wechseln zwischen verschiedenen Unterrichtsräumen entfällt, entsteht ausserdem einige zusätzliche freie Zeit. Diese sollte aber unbedingt nicht mit Arbeit verplant werden, denn für die Produktivität ist es sehr lohnenswert mindestens einen Teil davon für Pausen zu nutzen.


Kämpfe nicht alleine

Tagtäglich allein am Arbeitsplatz sitzend, kann man sich schnell entmutigt und isoliert fühlen. Hier muss man also unbedingt proaktiv handeln. Grosse Klassenchats sind zwar nützlich, um auf dem Laufenden zu bleiben, ersetzen aber nicht kleinere Chat-Gruppen mit ein paar engeren Freunden. Besonders hilfreich sind die Letzteren, wenn man zusammen Arbeitsziele setzt und sich gegenseitig bezüglich deren Erfüllung Rechenschaft ablegen muss. Es kann ausserdem sehr unterstützend sein, sich als Gruppe via Video-Chat regelmässig zu treffen – sei es einfach um den sozialen Kontakt aufrecht zu erhalten oder um zusammen Übungen zu besprechen oder gar zu lösen.  Falls du noch keiner solchen Lerngruppe angehörst, rekrutiere deine Mitstudierenden und du wirst staunen, auf welche Resonanz dein Vorschlag treffen wird!


Leg dir eine Karotte (oder einen Keks) vor die Nase

Wir alle haben unterschiedlichen Ansporn und Motivatoren im Studium, sei es der soziale Austausch, die intellektuelle Herausforderung, die Sportangebote oder das Ziel eines guten Abschlusses. Wichtig ist herauszufinden, was dich persönlich antreibt, indem du dich eine ganz einfache Frage stellst: Was vermisse ich im Selbststudium am meisten? Gewisse Aktivitäten lassen sich nicht 1:1 ersetzten, doch gibt es in unserem privilegierten digitalen Zeitalter stets Alternativen (Online Workout, Telefonieren oder skypen mit Freunden) und diese solltest du unbedingt versuchen, in deinen Arbeitsplan zu integrieren. Auch das Anschauen von Filmen und Serien, das Verweilen auf Social Media, oder (wie in meinem Fall) das Geniessen eines leckeren Snacks kann (in vernünftigem Masse) als Belohnungsmittel eingesetzt werden.


Entkräfte deine Ausreden

Ebenso wichtig ist es herauszufinden, was dich vom Lernen abhält. Wenn du oft mit Prokrastination zu kämpfen hast, können dir diese Tipps weiter helfen: Prokrastinatoren aufgepasst: So besiegt ihr den „inneren Schweinehund“. [LF1] Es ist verständlich, dass die Anpassung an ein Selbststudium etwas Zeit in Anspruch nehmen wird, aber falls du dir einredest, du hättest nicht die Ressourcen, die nötige Unterstützung oder genug Disziplin, sei ehrlich mit dir selber – stimmen diese Aussagen wirklich? Zeige dir selbst auf, wie du in der Vergangenheit bereits Herausforderungen gemeistert hast und auch dieses mal absolut fähig und einfallsreich bist deine Hindernisse zu überwinden.


Bewege dich! Dein Kopf braucht Luft

Vielleicht vermisst du sehnlichst dein Sportteam oder das Auspowern im Gym. Vielleicht bist du, wie viele andere, frustriert über die vielen Sportarten, die das Social-Distancing nicht mehr zulässt. Regelmässige Bewegung bleibt jedoch ein Schlüssel zu mehr Ausgeglichenheit und Zufriedenheit im Studienalltag. Du magst zwar in kleine Räumlichkeiten eingepfercht sein, jedoch gibt es auch einen wahren Überfluss an online Workouts, von angenehm entspannend bis zu gründlich schweisstreibend. Also, Schluss mit den Ausreden, beweg deinen werten Hintern! 😉

Das Selbststudium ist zwar mit einigen Einschränkungen verbunden, doch mit diesen Tipps bist du nun bestens gewappnet, die vielen Stunden mit Bravour zu bewältigen. Lass dich von der scheinbaren Strukturlosigkeit deines Alltags nicht beirren und erstelle einen verbindlichen Terminkalender. Deine Lernziele kannst du alleine, mit einer Balance von Belohnungen und Selbstdisziplin, aber auch im Team mit deinen Mitstudierenden erreichen. Vergiss aber nicht, dass auch Pausen und Bewegung nicht zu kurz kommen dürfen. Ich wünsche dir somit „bonne chance“, viel Geduld für die kommenden Wochen und gute Gesundheit!

Fotos: Pexels