Ob in der Gastronomie, im Handwerk, im Büro, bei beratenden Tätigkeiten oder im Verkauf – das persönliche Auftreten und der Umgang mit anderen Menschen erfordern soziale Kompetenzen. Was früher als zweitrangig eingestuft wurde, kann heute massgeblich für beruflichen Erfolg sein.

Die Ausbildung mit Auszeichnung abgeschlossen, für das Studium Traumnoten erhalten –dann steht dem Karrierestart nichts mehr im Wege, oder?
Doch nach einigen Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen hat sich noch immer keine neue Chance ergeben. Klar, gibt es mehrere Gründe und die Konkurrenz ist zahlreich. Viele Berufsanfänger wollen jedoch nicht wahrhaben, wie wichtig die persönliche Kompetenz für einen Jobeinstieg ist. Schlimmer noch: Sie denken vielleicht, dass Soft Skills hinderlich sein könnten. Das ist schade, denn die sozialen Kompetenzen bestimmen nachweislich berufliche und private Erfolge.

Wichtiger Faktor für den Berufsalltag


«Sozial kompetente Berufsanfänger sind scheinbar selten und deshalb wertvoll wie Gold», sagt Dr. Michael Träm, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Hay Group. Das Unternehmen kam nach einer weltweiten Studie zu diesem Ergebnis. In vielen Berufen sind die Kommunikation mit dem Kunden und der Umgang mit dem sozialen Umfeld sehr wichtig. Ein Friseur muss seinen Kunden gut zuhören können, auf die persönlichen Wünsche eingehen und diese dann handwerklich umsetzen. Was aber, wenn man viel zu schüchtern ist, nochmals nachzufragen, wenn man etwas nicht richtig verstanden hat?
Doch nicht nur im Handwerk oder im Verkauf sind Einfühlungsvermögen und Selbstvertrauen gefragt. Auch ein angehender Architekt muss mit anderen Mitarbeitern, trotz unterschiedlicher Qualifikation, kommunizieren können. Dazu gehören Anweisungen an Bauarbeiter geben oder mit dem Malerbetrieb auf der Baustelle noch Einzelheiten klären. Schliesslich soll jeder das Bauprojekt richtig und schnellstmöglich umsetzen. Was tun, wenn man in diesem Bereich an seine Grenzen stösst? Es gibt Möglichkeiten, seine angeborene Zurückhaltung zu überwinden oder people skills zu lernen: Mit verschiedenen Verhaltensregeln und Übungen kann man seine Soft Skills stärken.

Soft Skills sind nicht immer angeboren, können aber gelernt werden.
Wer bringt mir soziale Kompetenzen bei?


Soft Skills werden nicht zwingend bei jeder Ausbildung inklusiv vermittelt. Es gibt jedoch immer mehr Ausbildungsinstitutionen, die zusätzliche Seminare dazu anbieten. Eine davon ist die deutsche Universität Passau. Sie bietet Studierenden in ihrem Zentrum für Karriere und Kompetenzen ein Seminar zu Schlüsselkompetenzen an. «Da stilsicheres und souveränes Auftreten immer wichtiger wird, sollte man das an der Uni zu üben beginnen», weiss Sylvie Chevrier, Studiengangs-Leitung der Université Paris-Est. Ihre Studierenden besuchten und absolvierten als Gäste das Seminar über Schlüsselkompetenzen an der Universität Passau. Mittlerweile ist dieser Lehrvortrag in einigen Studiengängen an der Uni Passau Pflicht. Auch die Hochschule in St. Gallen (HSG) hat sich in ihren Studiengängen dem Thema Schlüsselkompetenzen angenommen und bietet dazu ein ausführliches Angebot in ihren Studiengängen an.

Soft Skills – die Definition der sozialen Kompetenzen
Die «weichen Kompetenzen» gehen weit über die rein fachlichen, erlernten Fähigkeiten –Hart Skills genannt – hinaus und betreffen die eigene Persönlichkeitsentwicklung und das Sozialverhalten. Aufgeteilt werden die Soft Skills in drei Hauptgruppen: in die soziale, persönliche und methodische Kompetenz (siehe Box). Viele Kompetenzen fliessen ineinander über oder können nicht für sich alleine stehen, da man beispielsweise ohne Selbstvertrauen keine Zivilcourage hat und ohne Eigenverantwortung keine Motivationsfähigkeit aufbringen kann.

Persönliche Kompetenz:
-Betrifft den Umgang mit sich selbst
-Selbstvertrauen, Selbstdisziplin, Selbstbeobachtung
-Können nur auf die eigene Person bezogen werden
-Haben Auswirkung auf das soziale Umfeld

Soziale Kompetenz:
-Umgang mit anderen Menschen wie Teamfähigkeit, Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis
-Interaktion mit anderen Menschen
-Ohne die richtigen persönlichen Kompetenzen kein Ausbau von sozialen Kompetenzen
-Bestimmen das Auftreten durch z. B. Selbstwertgefühl und innere Stärke beruflich wie privat

Methodische Kompetenz:
-Erlernen und beherrschen bestimmter Methoden und Techniken
-B. gekonnter Umgang u.a. mit neuen Medien und Präsentationstechniken sowie die Fähigkeit, Probleme strukturiert zu lösen
-sich selbst zu motivieren
-Effizient zu arbeiten
-Einschätzen des Publikums erleichtert Präsentationen

Soft Skills in der Zukunft
Unsere Tätigkeiten verändern sich durch die Digitalisierung immer mehr. Der Onlinehandel z.B. ist bereits jetzt schon zum grossen Teil digitalisiert und doch bedarf es Mitarbeiter im Kundenservice, in der Rücknahme und in der Auswahl der Produkte, der Werbung und ja, natürlich in der IT. Denn Abläufe müssen verknüpft, verbessert oder aber vor Cyber-Attacken geschützt werden. Auch hier sind wieder Soft Skills gefragt. Denn für einen reibungslosen und erfolgsorientierten Shopumsatz gehört das Analysieren und Besprechen von Fehlabläufen, häufigen Stornierungen und Missverständnissen im Kundenmanagement unbedingt dazu. Nur eine einwandfreie Kommunikation, getragen durch die sozialen Kompetenzen der einzelnen Mitarbeitenden in den unterschiedlichen Unternehmensabschnitten, garantiert wirtschaftlichen Erfolg. Das Business-Portal Linkedin ist in seinem Workplace Learning Report zum Schluss gekommen, dass Soft Skills oberste Priorität haben. Die Studie wurde im Januar 2017 von Linkedin in Kooperation mit der Bitkom Research GmbH erarbeitet. Befragt wurden insgesamt 305 Personalentscheider und Vorstände in Unternehmen mit über 50 Mitarbeitenden in Deutschland. Für die befragten Personen stechen die beiden Soft Skills «Leadership» und «Communication» als besonders wichtig heraus.
Es lohnt sich also, an seinen Persönlichkeitswerten zu arbeiten, ihnen mehr Aufmerksamkeit zu widmen und vor allem sie anzuwenden. «Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit, Emotionen, deren Ursache und Wirkung genau zu reflektieren und damit umzugehen», sagt Dr. David Caruso, Forscher am Center for Emotional Intelligence der Yale University. Somit sollte man den Blick nicht nur auf seine Ausbildung im klassischen Sinne richten, sondern sich auch mit sich und seiner Umgebung auseinandersetzen.