Die öffentliche Beschaffung hat in der Schweiz eine hohe wirtschaftliche Relevanz. Für rund 34 Milliarden Franken, was 8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes oder 25 Prozent der Staatsausgaben entspricht, werden im öffentlichen Sektor Waren beschafft. Davon entfallen auf den Bund etwa 20 Prozent, auf die Kantone rund 38 Prozent und auf die Gemeinden rund 42 Prozent. Insgesamt wird jeder vierte Franken für öffentliche Beschaffungen ausgegeben.
Komplex und politisch relevant
Das öffentliche Beschaffungswesen bewegt sich in einem dynamischen Umfeld und stellt eine politisch hart umkämpfte, medial scharf beobachtete, juristisch komplexe und im Berufsalltag äusserst anspruchsvoll anzuwendende Materie dar. Speziell im Zeitalter der digitalen Transformation.
Rechtliche Vorgaben bestimmen jeden Schritt der Beschaffung bei Staatsstellen oder in Unternehmen der öffentlichen Hand. Oberstes Ziel der Mitarbeitenden dieser Organisationen ist es, Beschaffungsverfahren rechtskonform und effizient abzuwickeln. Um dies sicherzustellen, ist eine Professionalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens unumgänglich. Neben der laufenden Revision des Gesetzes über die öffentliche Beschaffung, über die sich Beschaffungsprofis auf dem Laufenden halten sollten, gilt es auch, das zunehmende Bedürfnis nach Know-how und Ausbildung zu stillen.
Grund genug für die Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB), diese Forderungen zu unterstützen und den Verein «Interessengemeinschaft eidg. Abschlüsse öffentliche Beschaffung» (IAöB) zu gründen. Der Verein fördert und überprüft die Fachkompetenzen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens und ist offizielle Prüfungsträgerschaft für die neu entwickelten eidgenössischen Abschlüsse im Bereich öffentliche Beschaffung.
Und das Marktpotenzial ist gross. Spezialistinnen und Spezialisten der öffentlichen Beschaffung sind beim Bund, in den Kantonen und Gemeinden tätig, ebenso bei öffentlich-rechtlichen Leistungserbringern wie der SBB, der Post oder Unternehmen der öffentlichen Hand. Funktionen auf der Anbieterseite oder als externe Beraterinnen und Berater sind auch möglich.
In Zahlen bedeutet das: Rund 5000 Beschäftigte arbeiten hierzulande im Bereich der öffentlichen Beschaffung. Ein Grossteil davon im Auftrag der Steuerzahlenden (30 Prozent davon auf kantonaler Ebene, 28 Prozent auf Gemeindeebene und rund 8 Prozent auf Bundesebene).
Deshalb ein Fachausweis
Im Gegensatz zu privaten Einkäufern sind Spezialistinnen und Spezialisten der öffentlichen Beschaffung als Angestellte von Staatstellen oder Unternehmen der öffentlichen Hand bei jedem Schritt der Beschaffung an rechtliche Vorgaben gebunden, was zum Teil starke Abweichungen von Einkaufspraxen in der Privatwirtschaft erforderlich macht. So gelten für die Verfahren beispielsweise die beschaffungsrechtlichen Grundprinzipien von Transparenz, Wettbewerbsförderung, Gleichbehandlung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, die miteinander in Einklang zu bringen beziehungsweise gegeneinander abzuwägen sind. Die Durchführung effizienter und gleichzeitig rechtskonformer Beschaffungsverfahren stellt insbesondere mit Blick auf die beschaffungsrechtlichen Grundprinzipien eine permanente Herausforderung dar.
Die Spezialistinnen und Spezialisten im Bereich der öffentlichen Beschaffung tragen also eine hohe Verantwortung für eine zweckmässige Abwicklung von Beschaffungsvorhaben im Rahmen der rechtlichen Vorgaben. Sie sind aber aufgrund ihrer institutionellen Einbindung in staatliche Verwaltungen und öffentliche Betriebe in der Regel nicht alleine für die Beschaffungen zuständig. Der professionelle Umgang mit dieser Situation und den Abläufen in der öffentlichen Verwaltung gehört zu ihren zentralen Berufskompetenzen.
Flexibilität dank Blended Learning
Unser Fachverband führt deshalb ab April 2020 in der Region Aarau/Olten den Vorbereitungslehrgang zur Berufsprüfung «Spezialistin/Spezialist öffentliche Beschaffung» durch. Der Lehrgang ist modular aufgebaut und kann «in einem Rutsch» oder über mehrere Jahre verteilt absolviert werden.
Ihre Absenz vom Arbeitsplatz hält sich in Grenzen, denn wir setzen auf «Blended Learning». Dieses Konzept, bietet eine hohe zeitliche und örtliche Flexibilität und ist eine der effizientesten Arten zu lernen. Sie profitieren von einer einmaligen, effizienten Kombination aus direkter Unterrichtsteilnahme vor Ort, ortsunabhängigem gemeinsamem Studium dank virtuellem Klassenraum und Selbststudium, beispielsweise mittels Lernvideos. Ein interaktives, in fünf Kurzsequenzen aufgeteiltes, dreiviertelstündiges Lernvideo ersetzt beispielsweise vier Lektionen klassischen Präsenzunterrichts. Das ermöglicht Ihnen, Ihr Lerntempo weitgehend selbst zu bestimmen. Mehr über unser neues Lernkonzept erfahren Sie in der Augustausgabe dieses Magazins.
Um zur Berufsprüfung beim offiziellen Prüfungsträger IAöB zugelassen zu werden, müssen Sie sechs von sieben Modulen absolviert haben. Ein Modul gilt als absolviert, wenn Sie die Modulprüfung beim Bildungsanbieter, also procure.ch, erfüllt haben. Zudem müssen Sie über einen anerkannten Abschluss der Sekundarstufe II (EFZ oder Mittelschulabschluss) oder eine gleichwertige Qualifikation verfügen und mindestens zwei Jahre einschlägige Berufserfahrung in der öffentlichen Beschaffung vorweisen können.
Nach bestanderer Berufsprüfung sind Sie berechtigt, den geschützten Titel «Spezialistin/Spezialist öffentliche Beschaffung mit eidgenössischem Fachausweis» (Public Procurement Specialist, Federal Diploma of Higher Education) zu führen.
Natürlich können Sie, entsprechend Ihren individuellen Bedürfnissen, auch nur bestimmte Module der Ausbildung, die Sie als besonders wichtig erachten, belegen.
Dieser Beitrag ist als Erstpublikation auf procure.ch erschienen.