Die einen sagen sofort Ja. Andere bitten um Bedenkzeit und wieder andere lehnen kategorisch ab. Einerseits locken mehr Gehalt und mehr Freiheit, anderseits kann Chefsein die Hölle sein. Und was ist, wenn man realisiert, dass Chefsein nicht zu einem passt, ist die Karriere dann am Ende?

Zum Chefsein gehört einiges – besonders eine Vorbereitung. Man denkt über die persönliche Eignung nach, über die Motivation und die Erwartungen an die neue Rolle. Stichwort dabei ist Selbstreflexion. Gute Chefs, sagt Chantal Büchi, besitzen ein hohes Mass an Selbstreflexion. Sie ist HR-Chefin von Zühlke, einer weltweit agierenden Firma im Business- und Technologiebereich mit Sitz in Schlieren. 
Das eigene Denken, Fühlen und Handeln auf den Prüfstand zu stellen, ist eine Kernkompetenz der erfolgreichen Führungskraft. Wer schon in der Vorbereitung daran scheitert, erkennt im Idealfall: Als Chef tauge ich bestimmt nicht.  
Wem eine Führungsrolle angeboten wird, tut also gut daran, sich eingehend zu befragen. Diese 7 Fragen helfen dabei:

1. WILL ICH DAS WIRKLICH?

Eine Führungsrolle muss man wollen. Wer daran zweifelt oder nicht so recht weiss, winkt besser ab. Ohne diesen Willen – der nicht mit Ehrgeiz verwechselt werden darf – geht es nicht. Was man mit der Führungsrolle gewinnt, aber auch verliert, darüber sollte man sich im Klaren sein.

2. BIN ICH BEREIT, UNBEQUEME UND HARTE ENTSCHEIDUNGEN ZU TREFFEN?

Die Antwort darauf muss ein kristallklares Ja sein. Mit harten Entscheidungen macht man sich selten nur Freunde. Manche werden toben, und das muss man aushalten. Und: Jede Entscheidung muss gute Gründe haben und nachvollziehbar sein. Bauch und Kopf müssen zusammenarbeiten.

3. MÖCHTE ICH VERANTWORTUNG TRAGEN?

Diese Frage knüpft an die zweite an. Entscheiden heisst, Verantwortung übernehmen, jederzeit und in jedem Fall. Die Verantwortung abschieben, aussitzen oder wegreden, das geht nicht. Manche Menschen treffen gern Entscheidungen, andere nicht. Gute Chefs gehören zu Ersteren. 

4. BIN ICH AN MENSCHEN INTERESSIERT UND FÄLLT ES MIR LEICHT, MIT IHNEN UMZUGEHEN, GERADE MIT SCHWIERIGEN?

«Ein positives Menschenbild, echtes Interesse an der Weiterentwicklung von Mitarbeitenden und Empathie, das sind Grundvoraussetzungen für die Chefrolle», sagt Chantal Büchi. «Auch Vertrauen muss man anderen entgegenbringen.» Man muss nicht alle Menschen mögen, einen förderlichen Umgang mit ihnen finden, das sollte eine Chefin aber hinkriegen.

5. LIEGT MIR OFFENE KOMMUNIKATION?

Wer nicht informiert, präsentiert und erklärt, ist als Chef auf verlorenem Posten. Gut zuhören ist dabei genauso wichtig wie die richtigen Fragen stellen. Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren, für Chefs gilt das im Besonderen. Und: Vor allem Unangenehmes muss man ansprechen können.

6. WIE STEHT ES UM MEINE SELBSTKONTROLLE?

Professionelles Handeln heisst auch: das eigene Verhalten in Schach halten. Herumbrüllen, poltern, und, weit schlimmer, bewusst verletzen – einer Chefin von Format liegen solche Handlungsweisen fern. Man muss nicht Weltmeisterin in gutem Benehmen sein, aber über die Basics sollte man doch verfügen.

7. BIN ICH BEREIT, MICH WEITERZUENTWICKELN?

Niemand ist zum Topchef geboren. Das Handwerk des Führens könne man durchaus lernen, meint Beat Lutz, Weiterbildungsmöglichkeiten gebe es genug. Chantal Büchi stimmt dem zu: «Lernen via Erfahrung, Feedback und Reflexion scheinen mir am wirkungsvollsten. Führung bedeutet, ein bestimmtes Mindset zu haben.» Und kontinuierliches Lernen ist Bestandteil dieses Mindsets. 

Wer realisiert, dass Chefsein nicht seine Sache ist, für den endet das Berufsleben nicht in einer Sackgasse. «Alternativen zur Führungskarriere nehmen zu und Laufbahnen werden fluider», betont Chantal Büchi. Das sei zwar noch stark abhängig vom Unternehmen, aber die Entwicklung gehe in diese Richtung.

Dieser Beitrag ist als Erstpublikation auf fhnews erschienen.

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