Seit diesem Mai ist Sarah Bünter Präsidentin der JCVP. Im Interview erzählt sie uns, was sie sich für ihre Amtszeit wünscht, was sie vom dualen Bildungssystem hält und wieso sie heute die Lehre der Kanti vorziehen würde.
Was war der Auslöser, dass du dich heute aktiv für die Politik engagierst?
Obwohl ich in einer sehr politischen Familie aufgewachsen bin, habe ich mein Interesse für die Politik erst im Studium so richtig entdeckt. Von da an habe ich die Politik aktiv mitverfolgt und in dieser mitgewirkt. Das grosse Feuer wurde dann aber vor allem bei meiner Arbeit im Vorstand der JCVP Schweiz entfacht. Ich hoffe, dass ich dieses Feuer mit meinem jetzigen Amt vielen jungen Menschen auf den Weg mitgeben kann.
Wie beurteilst du das duale Bildungssystem der Schweiz?
Das duale Bildungssystem der Schweiz ist ein Erfolgsmodell und trägt massgebend zu unserem Wohlstand bei. Wir müssen diesem unbedingt Sorge tragen und darauf achten, dass sich Berufsbildung und Studium nicht konkurrenzieren, sondern gegenseitig ergänzen und fördern.
Wofür setzt du dich als Politikerin in Bezug auf die Schweizer Bildungslandschaft ein?
Es ist sehr wichtig, dass sich die Bildung so weiterentwickelt, damit junge Menschen gut auf ein selbständiges Leben vorbereitet sind. Mit der zunehmenden Digitalisierung gewinnen MINT-Fächer an Bedeutung. Gleichzeitig ist es gerade in unserer sehr schnelllebigen und digitalen Zeit aber auch wichtig, die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die sozialen, aber auch beruflichen Beziehungen zu erkennen und diskutieren. Ich setze mich auch dafür ein, dass die politische Bildung und das Verständnis für das einzigartige Milizsystem in der Schweiz einen höheren Stellenwert in der Schule bekommen.
Was hast du in Bezug auf dein politisches Amt während deiner Ausbildung gelernt?
Ich durfte mir mit meinem interdisziplinären Studium Wissen aneignen, welches mir heute hilft, Zusammenhänge in politischen Geschäften zu verstehen und Lösungen zu finden, die dank einer vielseitigen Sichtweise auch mehrheitsfähig sind. Zudem brauchte ich über die vielen Jahre hinweg immer wieder viel Durchhaltevermögen. Das hilft mir heute in der Politik sehr.
Weshalb hast du dich für die Ausbildung entschieden, die du absolviert hast?
Ich habe mich schon als Kind und auch noch heute immer für viele Sachen begeistern können. So habe ich während der Sekundarschule einige Schnupperlehren gemacht, konnte mich aber nicht wirklich entscheiden. Nach dem Bestehen der Kantiprüfung habe ich mich für den gymnasialen Weg entschieden. Heute würde ich aber eine Lehre vorziehen.
Wie hast du dich über das Aus- und Weiterbildungsangebot informiert?
Wir wurden in der Sekundarschule darüber informiert und haben auch das Zentrum für die Berufsberatung besucht. Ich habe mich aber vor allem mit vielen Menschen über ihre Berufe ausgetauscht.
Lehre oder Studium?
Es ist wichtig, dass wir Lehre und Studium nicht gegeneinander ausspielen, sondern sie als gegenseitige Ergänzung betrachten. Ich glaube, dass ich heute eher eine Lehre machen würde, weil ich ein sehr praxisbezogener Mensch bin, der gerne anpackt. Trotzdem gibt es auch viele Menschen, die sich in einem Studium und in der theoretischen Welt sehr wohlfühlen. Dank unserem Bildungssystem können wir den vielseitigen Fähigkeiten eine entsprechende Ausbildung bieten.
Was braucht es, damit mehr junge Menschen zur Urne schreiten?
Ich glaube, man muss entdecken, dass Politik einen sehr grossen Einfluss auf unsere Leben hat und dass man dieses aktiv mitgestalten kann. Viel wichtiger ist aber zu erkennen, dass es viele junge Menschen gibt, die die gleiche Vision für die Zukunft der Schweiz haben und sich gemeinsam dafür engagieren. Ich habe in der Politik sehr viele Freundschaften geschlossen – es ist ein Hobby, wie der Sport. Wenn es uns Jungparteien gelingt, aufzuzeigen, dass man auch in jungen Jahren etwas bewirken kann, dann bin ich überzeugt, dass wir auch mehr Junge haben werden, die an die Urne gehen.
Welche Politikerin wäre eine gute Dozentin?
Es muss ein Mensch sein, der bodenständig und humorvoll ist. Der sachbezogen und trotzdem mit einem wichtigen Einblick in die Erfahrungen aus der Praxis den Studierenden aufzeigen kann, wie vielseitig und spannend ein Thema ist. Jemand, der aber auch vorlebt, dass man für Anliegen kämpfen muss und dass das Durchhaltevermögen und Fleiss braucht. Aktuell hat das unsere Bundesrätin Viola Amherd sehr stark bewiesen.
Was machst du, wenn du nicht gerade politisch tätig bist?
Ich habe das Glück, sehr viel Energie zu haben. Diese muss ich aber auch ausleben und so mag ich sehr viele verschiedene Sportarten. Gerade wenn man politisch aktiv ist, braucht man aber auch eine starke Familie und Freunde, die hinter einem stehen, wenn etwas vielleicht nicht so gelaufen ist, wie man es sich gewünscht hätte. Diese Beziehungen zu pflegen, bedeutet mir sehr viel, auch wenn dies zeitlich nicht immer einfach ist.
Wer ist dein (politisches) Vorbild?
Es gibt viele Menschen, die ich für ihr Engagement und ihre Laufbahnen in verschiedenen Bereichen bewundere. Daher kann ich nicht einfach einen spezifischen Namen nennen, denn die Liste wäre lang: Von Henry Dunant und den Frauen hinter ihm, über Michelle Obama zu Elisabeth Blunschy-Steiner, Doris Leuthard, Viola Amherd, aber auch mit meinem Grossvater und meiner Mutter. Für mich ist ein Vorbild jemand, der für eine Sache mit vollem Herzblut kämpft, dabei aber nie seine Prinzipien aus den Augen verliert.
Ein Wunsch, der noch nicht in Erfüllung gegangen ist?
Ich möchte sehr gerne für eine längere Zeit bei Hilfsprojekten mitarbeiten, um Menschen etwas zu geben, die nicht in einer so wunderschönen und privilegierten Welt aufgewachsen sind, wie wir sie hier in der Schweiz erleben dürfen. Zudem würde ich mich sehr freuen, dass wenn ich mein Amt als Präsidentin abgeben werde, auf eine Zeit zurückblicken kann, in der ich viele junge Menschen für die Politik motivieren konnte. Dann habe ich ein grosses Ziel und Wunsch mit diesem Amt erreicht. Dafür gebe ich nun mein Bestes.
Die 26-jährige Sarah Bünter ist seit 2017 im Vorstand der JCVP, diesen Mai wurde sie zur Präsidentin gewählt. Nebst ihrem politischen Engagement besitzt die Ostschweizerin einen Bachelor in internationalen Beziehungen und studiert derzeit Wirtschaftsjournalismus an der HSG.
Wir danken Sarah Bünter für das Interview.