Nicola Stocker, Präsident der Jungen SVP Graubünden, engagiert sich seit zehn Jahren in der Politik und spricht mit uns im Interview über das Schweizer Bildungssystem, verrät uns seinen grossen Traum und weshalb er gerne eine Vorlesung bei Bundesrat Ueli Maurer besuchen würde.
Was war der Auslöser, dass du dich heute aktiv für die Politik engagierst?
Ein bestimmtes Ereignis für meinen Einstieg in die Politik lässt sich bei mir nicht ausmachen. Vielmehr hat mich mein grundsätzliches Interesse an der Politik, welches schon seit jeher vorhanden ist, dazu gebracht, in die Politik einzusteigen. Ich will mich für meine Zukunft einsetzen und mitbestimmen, deshalb bin ich vor gut zehn Jahren der Jungen SVP beigetreten und bin nun seit mehr als vier Jahren Präsident der Jungen SVP Graubünden.
Wie beurteilst du das duale Bildungssystem der Schweiz?
Ich finde das duale Bildungssystem eine sehr wichtige Errungenschaft der Schweiz und es ist in meinen Augen ein Erfolgsmodell. Vor einigen Jahren habe ich meine kaufmännische Grundausbildung erfolgreich abgeschlossen und kenne deshalb dieses System aus persönlicher Erfahrung. Andere Länder wollen dieses duale Bildungssystem auch einführen, was natürlich ein Beweis dafür ist, dass das System international anerkannt und eben erfolgreich ist.
Wofür setzt du dich als Politiker in Bezug auf die Schweizer Bildungslandschaft ein?
Gut ausgebildete, junge Leute sind mir persönlich sehr wichtig und das liegt nicht nur an den Fähigkeiten einer Person, sondern massgeblich am Bildungssystem. Letztendlich soll sich die Bildung auch an den Interessen und Stärken der Menschen orientieren, aber es ist mir ebenso wichtig, dass die Bildung die Leute auf die Praxis vorbereitet und daher die notwendigen Fähigkeiten vermittelt. Dazu gehört auch die Förderung der sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), die nicht zuletzt wegen der Digitalisierung zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Was hast du in Bezug auf dein politisches Amt während deiner Ausbildung gelernt?
Es braucht auf jeden Fall viel persönliches Interesse und Engagement, weil ohne diese beiden Dinge verliert man die Leidenschaft und ist nicht erfolgreich. Zudem habe ich in meiner Ausbildung erfahren, wie komplex einzelne Bereiche sein können. Man braucht zwar nicht immer alles zu wissen, aber es ist wichtig, die Zusammenhänge zu verstehen und zu wissen, wo man sich informieren kann.
Weshalb hast du dich für die Ausbildung entschieden, die du absolviert hast?
Ich habe vielleicht nicht gerade zwei linke Hände, aber das Arbeiten mit dem Kopf würde ich schon als eine meiner Stärken bezeichnen. Deshalb habe ich mich für die kaufmännische Ausbildung im Bereich der Versicherungen entschieden, weil mich das Themengebiet und die Arbeit noch heute interessieren, obwohl ich inzwischen einen anderen Weg eingeschlagen habe. Das KV sehe ich im Übrigen auch als ein Türöffner für viele andere Berufe.
Wo hast du dich über das Aus- und Weiterbildungsangebot informiert?
In der heutigen Zeit sammelt man seine Informationen im Internet und so informiere auch ich mich hauptsächlich über verschiedene Webseiten.
Lehre oder Studium?
Natürlich gibt es hier nicht nur schwarz oder weiss, denn in meinen Augen braucht es sowohl die Lehre als auch das Studium. Ich persönlich finde den Weg, wie ich ihn gewählt habe, mit einer Grundausbildung mit Berufsmaturität und einem Studium an einer Fachhochschule sehr empfehlenswert.
Was braucht es, damit mehr junge Menschen zur Urne schreiten?
Diese Frage stelle ich mir seit vielen Jahren und ich habe auch heute noch kein Rezept entdeckt, wie die Partizipation verbessert werden könnte. Es ist auf jeden Fall entscheidend, dass die jungen Menschen bereits in der Schule an die Politik herangeführt werden und sie sich ein breites Wissen über das politische System der Schweiz aneignen können. Nicht zuletzt muss die Politik aber auch jugendfreundlicher werden, indem die Interessen der jungen Menschen ernst genommen und respektiert werden. Wenn junge Leute von der Politik aber das Gefühl bekommen, dass sie ohnehin nichts bewirken können, dann werden sie sicher auch nicht an Abstimmungen und Wahlen teilnehmen.
Welcher Politiker wäre ein guter Dozent?
Da kommt mir spontan Bundesrat Ueli Maurer in den Sinn. Er hat in meinen Augen eine unglaubliche und bewundernswerte Gabe, sich auf sein Publikum einzulassen. Auch seine Erfahrungen verbunden mit der rhetorischen Stärke würden ihn zu einem sehr guten Dozenten machen.
Was machst du, wenn du nicht gerade politisch tätig bist?
Die Frage ist absolut richtig gestellt, weil meistens wird umgekehrt gefragt: Was machst du in deiner Freizeit? Mein politisches Engagement wurde über die Jahre immer grösser und deshalb bleibt mir neben der Politik gerade noch genügend Zeit für das Vollzeitstudium zum Agronomen. Und wenn ich dann einmal Zeit habe, helfe ich sehr gerne auf einem Landwirtschaftsbetrieb von Bekannten mit.
Wer ist dein (politisches) Vorbild?
Dieses eine Vorbild gibt es nicht. Ich lasse mich aber immer wieder von teilweise bekannten oder eher unbekannten Persönlichkeiten inspirieren und bewundere deren Stärken. Natürlich versuche ich, diese auch zu übernehmen. Aber einen Namen könnte ich gerade keinen nennen.
Ein Wunsch, der noch nicht in Erfüllung gegangen ist?
Ich habe immer wieder Ideen, die ich gerne umsetzen würde, aber dafür fehlt mir meistens die Zeit. Vor einem Jahr habe ich auf einer Studienreise im US-Staat Pennsylvania eine schottische Rinderrasse mit dem fast nicht auszusprechenden Namen «Ayrshire» entdeckt. Und weil ich von dieser Rasse aufgrund des Aussehens und der Rasseneigenschaften so fasziniert bin, ist es seit dann mein Wunsch, eine eigene Zucht dieser Rasse in der Schweiz aufzubauen.
Seit über vier Jahren präsidiert Nicola Stocker die Junge SVP Graubünden. Insgesamt ist der Agronomie-Student seit zehn Jahren in der Politik tätig. Der 24-Jährige setzt sich für mehr politische Partizipation im Kanton Graubünden ein – eine seiner Ideen ist die Einführung der Stimmpflicht.
Wir danken Nicola Stocker für das Interview.